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Empfang in Moskau: Der russische Außenminister Sergej Lawrow und der AfD-Chef Tino Chrupalla (rechts).

© imago images/Itar-Tass

Treffen in Moskau: Warum der russische Außenminister Lawrow Politiker der AfD empfing

Russlands Außenminister Sergej Lawrow traf sich demonstrativ mit dem AfD-Chef Chrupalla. Damit reagiert Moskau auf Deutschlands Rolle im Fall Nawalny.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat am Dienstag Vertreter der AfD zum Gespräch empfangen und sich dabei für einen Neustart im Verhältnis zwischen Deutschland und Russland ausgesprochen. „Wir schätzen Ihren Beitrag zur Aufrechterhaltung unserer Beziehungen sehr, die eines Umdenkens bedürfen, und auch eines Neustarts, wie man es heute nennt“, sagte Lawrow nach Angaben der Nachrichtenagentur Tass. An dem Mittagessen mit dem Minister nahmen der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla und der Bundestagsabgeordnete Armin-Paul Hampel teil.

Zugleich behauptete Lawrow, das „offizielle Berlin“ habe versucht, dem Vorhaben der AfD-Abgeordneten Hindernisse in den Weg zu legen. Das Auswärtige Amt und die deutsche Botschaft in Moskau seien in die Vorbereitung der Reise im ganz normalen, gesetzlich vorgegebenen Maße involviert gewesen, sagte dagegen die Sprecherin des Auswärtigen Amtes. Die beiden AfD-Politiker trafen sich auch mit dem deutschen Botschafter.

Dass sich der russische Außenminister Zeit für Oppositionspolitiker aus einem europäischen Land nimmt, ist keineswegs selbstverständlich. Umso bemerkenswerter ist dies vor dem Hintergrund der angespannten deutsch-russischen Beziehungen. Das bilaterale Verhältnis ist seit der Vergiftung des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny stark belastet. Nawalny war im August mit dem chemischen Nervengift Nowitschok vergiftet und dann zur Behandlung nach Deutschland geflogen worden. Die Bundesregierung hatte von den russischen Behörden bisher vergeblich Aufklärung verlangt.

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Lawrow betonte, dass Russland Treffen von deutschen Regierungsvertretern mit russischen Oppositionellen nicht verhindere. Die offiziellen Vertreter Berlins zögen es aber vor, sich nicht mit Parlamentsabgeordneten, sondern mit „nichtsystemischen Persönlichkeiten“ zu treffen – gemeint ist offenbar Nawalny. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte den Oppositionsführer in der Berliner Charité besucht.

Für Lawrows Treffen mit Vertretern der AfD gebe es zwei Gründe, sagt der Politikwissenschaftler Anton Schekhovtsov. „Die erste Ursache ist die langjährige Praxis des Kremls, das zu spiegeln, was er für Taten und Haltungen des Westens gegenüber Russland hält.“ In dieser Hinsicht sei der Termin des Außenministers mit den AfD-Politikern Teil von Russlands Antwort auf den deutschen Umgang mit dem Fall Nawalny. „Wenn es Deutschlands Führung ,erlaubt’ ist, den größten Gegner der herrschenden Eliten in Russland zu treffen, dann ‚erlaubt’ sich Russlands Führung selbst, das gleiche zu tun und Vertreter der größten Oppositionspartei gegen Angela Merkels Regierung zu treffen.“

„Unterstützung für die europäische extreme Rechte“

Lawrows Begegnung mit der AfD habe aber noch einen weiteren Grund, sagt Schekhovtsov. Moskau versuche sich als globale populistische Kraft darzustellen, die das verteidige, was sie für traditionelle Werte halte, die den westlichen Liberalismus attackiere und von den USA geführte „globale Eliten“ herausfordere. „Vor diesem Hintergrund sendet Lawrows Treffen mit der AfD-Delegation die klare Botschaft der Unterstützung für die europäische extreme Rechte.“

Die AfD hat schon früh engen Kontakt nach Moskau gesucht. Bereits 2014 führte der damalige Parteichef Alexander Gauland Gespräche in der russischen Botschaft, von „strategischer Beratung“ war die Rede. Später reiste auch er nach Russland. Kein anderes Land stieß bei AfD-Politikern auf so viel Interesse. Einige Abgeordnete ließen sich 2018 nach Russland einladen. Sie erklärten den Verlauf der Präsidentenwahl für transparent – und sagten genau das, was die russischen Gastgeber hören wollten.

Nach dem Treffen mit Lawrow kritisierte Chrupalla die von der EU verhängten Sanktionen gegen Russland. Außerdem sprach er sich für das Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2 aus.

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