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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird auf dem Flughafen von Abu Dhabi von der Ministerin für Klimawandel und Umwelt der Vereinigten Arabischen Emiraten, Mariam bint Mohammed Saeed Hareb Almheiri, empfangen. 

© Foto: Reuters/Handout Wam

Update

Scholz-Besuch in Golf-Staaten: Deutschland erhält Flüssiggas aus den Vereinigten Arabischen Emiraten

Im Bemühen, unabhängig von russischem Erdgas zu werden, hat Deutschland einen weiteren Partner gefunden. Der Essener Energiekonzern RWE schloss einen Vertrag.

| Update:

Als Ersatz für ausbleibende Energielieferungen aus Russland erhält Deutschland Flüssiggas (LNG) aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Während des Besuchs von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in dem Golfstaat schloss der Essener Energiekonzern RWE am Sonntag einen Vertrag über eine erste Lieferung von 137.000 Kubikmetern LNG ab. Es soll die erste Lieferung sein, die im Dezember 2022 am neuen LNG-Terminal in Brunsbüttel bei Hamburg eintreffen soll. RWE zufolge wurde ein Memorandum über mehrjährige Lieferungen ab 2023 unterzeichnet.

Zum Vergleich: Vor dem Angriffskrieg auf die Ukraine floss allein am 1. Februar nach Angaben des Betreibers Gas mit einer Energiemenge von 1,7 Milliarden Kilowattstunden durch die Pipeline Nord Stream 1. Die jetzt vereinbarte erste Lieferung von 137.000 Kubikmetern Flüssiggas für RWE per Schiff aus den Vereinigten Arabischen Emiraten entspricht 0,95 Milliarden Kilowattstunden.

Bis zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bezog Deutschland noch 55 Prozent seines Erdgases aus Russland. Inzwischen sind die Lieferungen von dort zum größten Teil eingestellt und die deutschen Gasversorger suchen nach neuen Bezugsquellen.

Scholz betont Bedeutung vieler Anbieter bei Energieversorgung

Der Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten ist die zweite Station Scholz’ während seiner Reise in die Golf-Staaten. Man habe bereits „eine ganze Reihe“ von Diesel- und Flüssiggasprojekten mit den VAE vorangebracht, hatte Scholz vor der Vertragsunterzeichnung am Sonntag in Abu Dhabi gesagt.

Er betonte, wie wichtig es sei, bei der Energieversorgung auf möglichst viele Anbieter zu setzen. Die Abhängigkeit von einem Lieferanten „wird uns sicherlich nicht wieder passieren“, betonte Scholz. Ihm geht es aber auch um die Kooperation bei der Produktion von Wasserstoff. Scholz war auf dem Flughafen von Abu Dhabi von der Ministerin für Klimawandel und Umwelt der VAE, Mariam bint Mohammed Saeed Hareb Almheiri, empfangen worden. 

250.000
Tonnen Dieseltreibstoff sollen zudem ab 2023 monatlich aus den VAE geliefert werden.

Der Vereinbarung vom Sonntag zufolge soll der emiratische Staatskonzern ADNOC ab 2023 monatlich auch bis zu 250.000 Tonnen Dieseltreibstoff nach Deutschland liefern. Die Vereinbarung darüber wurde mit dem niedersächsischen Energieunternehmen Hoyer geschlossen.

Die emiratische Staatsagentur Wam teilte mit, der emiratische Präsident Mohammed bin Sajid und Scholz hätten „Zusammenarbeit, Dialog und Vorrang diplomatischer Lösungen“ als Schlüssel im Umgang mit „verschiedenen Problemen und Krisen“ bezeichnet.

Dritte und letzte Station der Scholz-Reise wird Katar sein. Katar verfügt nach Russland und dem Iran über die drittgrößten Gasreserven weltweit und ist der führende Exporteur von Flüssiggas (LNG). Die VAE liegen bei den Ölvorkommen auf Rang sechs und beim Erdgas auf Platz sieben. In Katar werden keine Vertragsabschlüsse erwartet. Bei den Gesprächen des Kanzlers in Doha könnte es auch um die Fußball-Weltmeisterschaft gehen, die ab 20. November in dem Emirat stattfindet.

Die Wahl des Austragungsorts ist wegen der Menschenrechtslage dort umstritten. Katar wird dabei immer wieder wegen systematischer Verstöße und der Ausbeutung von Migranten kritisiert. Die Regierung weist die Vorwürfe zurück und führt Reformen zugunsten der Arbeiter an.

Bundestrainer Hansi Flick hatte die Vergabe der WM nach Katar erst vor wenigen Tagen kritisiert. „Diese Frage hätte schon viel früher beantwortet werden müssen. Und zwar mit einem Nein“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. „Dass in Katar beim Thema Menschenrechte, beim Thema Nachhaltigkeit vieles nicht stimmt, ist ja offensichtlich.“

Ist die Fußball-WM in Katar gut aufgehoben?

Scholz hatte seine zweitägige Reise auf die arabische Halbinsel am Samstag in Saudi-Arabien begonnen und dort Kronprinz Mohammed bin Salman getroffen. Dabei sprach er auch den Mord am Journalisten Jamal Khashoggi an.

Das gehört sich so. Und da können Sie von ausgehen, dass nichts unbesprochen geblieben ist, was zu sagen ist.

Kanzler Olaf Scholz thematisierte den Mord am Journalisten Jamal Khashoggi gegenüber Kronprinz Mohammed bin Salman.

Man habe „alle Fragen besprochen“, die sich um Bürger- und Menschenrechte drehen, sagte er nach dem Gespräch in der Hafenstadt Dschidda auf eine entsprechende Journalisten-Frage. „Das gehört sich so. Und da können Sie von ausgehen, dass nichts unbesprochen geblieben ist, was zu sagen ist.“

Der Kronprinz wird vom US-Geheimdienst für den brutalen Mord an dem saudischen Regierungskritiker und Journalisten Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul vor vier Jahren verantwortlich gemacht.

Kronprinz Mohammed bin Salman und Kanzler Olaf Scholz begrüßten sich im königlichen Palast des Friedens mit kräftigem Handschlag.
Kronprinz Mohammed bin Salman und Kanzler Olaf Scholz begrüßten sich im königlichen Palast des Friedens mit kräftigem Handschlag.

© Foto: AFP/Saudi Royal Palace/Bandar Al Jaloud

Der Thronfolger bestreitet, Drahtzieher der Tat zu sein. Der Mord hatte zu einer internationalen Isolierung Mohammeds geführt und die deutsch-saudischen Beziehungen in eine jahrelange Krise gestürzt.

Begrüßung im Palast des Friedens mit einem freundlichen Lächeln

Der Kronprinz und der Kanzler begrüßten sich im königlichen Palast des Friedens (Al-Salam-Palast) mit kräftigem Handschlag und freundlichem Lächeln. Mit seinem Besuch setzt Scholz ein Zeichen der Normalisierung.

Mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron, dem inzwischen zurückgetretenen britischen Premier Boris Johnson und US-Präsident Joe Biden waren vor ihm schon die wichtigsten Bündnispartner Deutschlands in Saudi-Arabien. Der Kronprinz war im Juli erstmals seit dem Mord auch wieder zu offiziellen Treffen in die EU gereist.

Scholz knüpft daran an und will auch mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Folgen den Gesprächsfaden wieder aufnehmen. Für ihn geht es darum, auch mit schwierigen Partnern im Dialog zu bleiben, um sie nicht an Länder wie Russland oder China zu verlieren.

Biden hatte den Kronprinzen bei seinem Besuch im Juli in Dschidda ebenfalls auf den Mord an Khashoggi angesprochen. Er wurde anschließend deutlicher, was die Verantwortung des Kronprinzen für den Mord angeht. „Er (Mohammed) sagte im Grunde, dass er nicht persönlich dafür verantwortlich sei. Ich deutete an, dass ich glaube, er ist es“, sagte Biden damals. (dpa)

Korrektur: Zwei im Artikel zunächst genannte Zahlen zur Gasmenge von Nord Stream 1 und dem Flüssiggas aus den Vereinigten Arabischen Emiraten waren falsch. Wir haben die Fehler korrigiert.

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