
© dpa/Sebastian Gollnow
Trotz kollabierender Brücken: Verkehrsminister Schnieder kämpft lieber für neue Autobahnen
In Deutschland sind 5000 Autobahnbrücken marode. Sie werden zu langsam saniert. Doch statt sich darum zu kümmern, will Verkehrsminister Schnieder lieber noch mehr Autobahnen.

Stand:
Rund 5000 Autobahnbrücken in Deutschland müssen in den kommenden Jahren dringend saniert werden. Sie könnten sonst einstürzen wie die Carolabrücke in Dresden oder für den Verkehr gesperrt werden wie die Ringbahnbrücke in Berlin.
Mit dem Ersatz oder der Sanierung dieser Brücken kommt die Autobahn GmbH viel zu langsam voran. Das hat jüngst erneut eine parlamentarische Anfrage gezeigt.
Doch statt diesem Problem seine volle Aufmerksamkeit zu widmen, hat Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) in den vergangenen Wochen vor allem für noch mehr Autobahnen gekämpft. Das sind die falschen Prioritäten.
Nicht nur bei der Neuordnung der Bahn macht Schnieder eine unglückliche Figur. Auch zur Sanierung von Deutschlands maroder Infrastruktur leistet er keinen positiven Beitrag.
Der CDU-Politiker ist vielmehr dabei, eine historische Chance leichtfertig zu verspielen. Das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen trägt nach derzeitigem Stand nicht wie gewünscht dazu bei, Deutschlands Infrastruktur rasch in Schuss zu bringen.
Um den Autobahn-Ausbau voranzutreiben, opfert Schnieder neue Bahnstrecken und womöglich auch die Instandsetzung maroder Autobahnbrücken.
Caspar Schwietering
Verkehrsminister Schnieder als Hans im Glück
Wie ein moderner Hans im Glück hat Schnieder dieses Vermögen binnen kürzester Zeit verspielt, sodass er nun wieder zu einer brutalen Priorisierung gezwungen ist. Und dabei macht er einen Fehler: Um den Autobahn-Ausbau voranzutreiben, opfert Schnieder neue Bahnstrecken und womöglich auch die Instandsetzung maroder Autobahnbrücken. Das zeigt die Vorlage der Bundesregierung für die sogenannte Bereinigungssitzung, in der die Fachpolitiker im Bundestag den Haushalt für 2026 festzurren.
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Doch der Reihe nach: Wie hat Schnieder, unser Hans im Glück, seinen Goldklumpen nach und nach verloren? Den größten Fehler hat er gleich zu Beginn der Legislaturperiode gemacht: Aus dem Sondervermögen erhält Schnieder in den kommenden Jahren zwar 15 Milliarden Euro jährlich. Dafür hat er Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) aber zugestanden, seinen regulären Etat um rund zehn Milliarden Euro pro Jahr zu kürzen. Für die Verkehrsinfrastruktur gibt es also nur fünf Milliarden Euro mehr pro Jahr. Viel weniger als erhofft.
Danach war klar, dass Schnieder nicht zeitgleich die bestehenden Straßen, Gleise und Kanäle sanieren und das Autobahn- und Schienennetz ausbauen kann. Der Minister musste sich entscheiden, für welchen Verkehrsträger er sein politisches Kapital einsetzt. Sein Vorgänger Volker Wissing hat in dieser Situation dem Porschefahrer Christian Lindner zusätzliche Milliarden für die Sanierung der maroden Bahn abgerungen.
Schnieder hingegen entschied sich, für den Autobahn-Ausbau zu kämpfen. Dabei fahren auf Deutschlands Fernstraßen wegen Wirtschaftskrise und Homeoffice noch immer weniger Laster und Autos als 2019. Dennoch forderte Schnieder von Klingbeil 15 Milliarden Euro zusätzlich für mehr Autobahnen. Entnervt gab dieser ihm im jüngsten Koalitionsausschuss schließlich drei Milliarden Euro mehr.
Der Ausbau der Bahn stockt
Die Bereinigungsvorlage, die dem Tagesspiegel vorliegt, zeigt nun, was dafür alles auf der Strecke bleibt. So wird es in den kommenden Jahren – nach derzeitigem Stand – kein zusätzliches Geld geben, um neue Bahnstrecken zu bauen. Das betrifft auch die fertig geplante neue ICE-Strecke Frankfurt–Mannheim. Dabei ist die dringend nötig, um die überfüllte Riedbahn zu entlasten, die trotz Generalsanierung weiter für Verspätungen sorgt.
Noch fataler wäre aber, wenn auch die Sanierung der rund 5000 Autobahnbrücken unter der Ausbauoffensive leiden würde. Hierfür sehen die Grünen Anzeichen.
Denn aus der Bereinigungsvorlage geht hervor, dass für den Straßenausbau künftig auch wieder Mittel verwendet werden dürfen, die eigentlich für etwas anderes gedacht waren – etwa für die Instandsetzung kaputter Brücken. Außerdem muss die Autobahn GmbH jetzt nicht mehr einen festen Anteil ihrer Investitionsmittel in den Erhalt stecken, kritisieren die Grünen.
Schnieder gebe das Prinzip „Erhalt vor Neubau“ auf, sagt die Grünen-Haushälterin Paula Piechotta. Für diesen Vorwurf gibt es Anhaltspunkte. Schnieder sollte sich bemühen, ihn möglichst schnell zu entkräften.
Denn auch ihm muss klar sein, dass die Mittel für den Straßenbau überwiegend in den Ersatz oder die Sanierung kaputter Brücken fließen müssen. Damit kommt die Autobahn GmbH viel zu langsam voran. Und das ist viel gefährlicher als eine Autobahnstrecke, die trotz Sondervermögens nicht gebaut wird.
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