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Russische Truppen und Soldaten ziehen in einem langen Konvoi über eine Straße in Georgien, 2008 (Symbolbild)

© Foto: dpa/KOCHETKOV

Truppenverlegung in die Ukraine: Russland zieht offenbar Einheiten von der Nato-Grenze ab

Um Soldaten in die Ukraine zu verlegen, zieht Russland Soldaten aus der nordisch-baltischen Region nahe der Nato-Grenzen ab. Dabei gilt die Nato in Russland als Bedrohung.

| Update:

Um die russischen Streitkräfte in der Ukraine zu unterstützen und Lücken an der Front zu schließen, zieht der Kreml offenbar Soldaten von den Stützpunkten in Nordeuropa ab, wie das US-amerikanische Nachrichtenmagazin „Foreign Policy“ berichtet.

So sollen in der Region von schätzungsweise 30.000 russischen Streitkräften, die einst vor den baltischen Ländern und vor Südfinnland stationiert waren, bis zu 80 Prozent in die Ukraine abgezogen worden seien, wie drei hochrangige europäische Verteidigungsexperten dem Magazin mitteilten.

Entsprechend werde das an die Nato angrenzende Gebiet aktuell nur noch von einer russischen Notbesatzung besetzt.

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Ein skandinavischer Verteidigungsbeamter, der aus Gründen militärischer Geheimhaltung anonym bleiben wollte, berichtete dem Magazin, das neben russischen Bodentruppen auch hochwertiges militärisches Gerät von der Grenze abgezogen werde, darunter Flugabwehrsysteme und Raketen.

Russland stand uns jahrzehntelang mit Bodentruppen gegenüber, die jetzt praktisch verschwunden sind.

Skandinavischer Verteidigungsbeamter, anonym

Bei den Truppenverlegungen seien die russischen Luftstreitkräfte und die Nordflotte in der Region allerdings relativ unangetastet geblieben.

Verlassene Raketenstützpunkte bei St. Petersburg

Das finnische Medienunternehmen „Yle“ berichtet außerdem, dass Russland einige S-300-Flugabwehrsysteme sowie mobile Abschussrampen aus einem Schutzring um St. Petersburg in der Region Selenogorsk (finnisch: Terijoki) entfernt habe.

Als strategisch wichtige Stadt war St. Petersburg lange Zeit von insgesamt 14 Flugabwehrraketenbasen umgeben. Neuesten Satellitenbildern zufolge stehen mehrere von ihnen leer und wurden offenbar vollständig aufgegeben, wie auch der finnische Militärexperte Marko Eklund gegenüber „Yle“ bestätigte.

Nach den Satellitenbildern zu urteilen, sind vier Flugabwehrbasen leer geräumt worden.

Marko Eklund, finnischer Militärexperte und Major a.D.

Kaliningrad: Nur noch 6.000 Soldaten von ursprünglich 30.000

Auch aus der russischen Enklave Kaliningrad zwischen Litauen und Polen sollen russische Streitkräfte in die Ukraine verlegt worden sein, wie der litauische Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas berichtete.

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Europäische Verteidigungsbeamte schätzen, dass von ursprünglich 30.000 russischen Bodenstreitkräften in Kaliningrad und in der Nähe des Baltikums aktuell nur noch 6.000 übrig sein könnten.

Soldaten einer Luftangriffseinheit der russischen Marine besteigen am 4. März 2022 in Kaliningrad während einer Militärübung einen Hubschrauber. (Archivbild)
Soldaten einer Luftangriffseinheit der russischen Marine besteigen am 4. März 2022 in Kaliningrad während einer Militärübung einen Hubschrauber. (Archivbild)

© Foto: Imago/Vitaly Nevar

Wie der hochrangige Berater des finnischen Verteidigungsministeriums Harri Ohra-aho gegenüber „Foreign Policy“ mitteilte, sei die Verlegung von Bodentruppen für Russland notwendig gewesen, „weil es einen verzweifelten Mangel an ausgebildeten Soldaten gibt.“ Dies habe nichts mit einer NATO-Bedrohung zu tun, „die es außer in der Rhetorik der russischen Führung nicht gibt“, so der Experte.

Truppen-Abzug trotz Nato-Bedrohung?

In Anbetracht der derzeitigen Truppenbewegung fragen sich Verteidigungsexperten der gesamten nordisch-baltischen Region nun, wie und wann Russland seine Streitkräfte an der Nordostflanke der NATO wieder aufstellen könnte. Die beiden Staaten Finnland und Schweden stehen immerhin kurz vor einem NATO-Beitritt.

Erst im Mai diesen Jahres hatte der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärt, dass eine NATO-Erweiterung um den Staat Finnland ganz „eindeutig“ eine Bedrohung für Russland darstelle. Die Begründung: Eine derartige Ausweitung des Militärbündnisses hätte eine Destabilisierung der Welt zur Folge und würde „die Welt und unseren Kontinent nicht stabiler und sicherer machen“, so Peskow.

Generalsekretär von Estland mahnt dennoch zur Vorsicht

Auch der Generalsekretär des estnischen Außenministeriums Jonatan Vseviov äußerte sich zu den aktuellen Truppenbewegungen. So habe Russland mittlerweile „fast alles auf die Ukraine geworfen, was sie hatten.“

Für die baltische Region sei die unmittelbare militärische Bedrohung im Moment natürlich gering, weil es keine professionellen russischen Truppen an der Grenze gäbe. „Das heißt aber nicht, dass Russland nicht gefährlich ist“, so der Generalsekretär.

Annektierung von vier Gebieten in der Ukraine

Unterdessen treibt der Kreml die Annektierung der vier russisch kontrollierten Gebiete in der Ukraine voran. In Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja wurden Scheinreferenden abgehalten, bei denen sich angeblich die überwältigende Mehrheit für den Anschluss an Russland ausgesprochen habe.

Am Freitag will Wladimir Putin die vier Gebiete offiziell in die Russische Föderation aufnehmen. Damit wäre nach Ansicht Moskaus ein Angriff auf diese Regionen gleichzeitig ein Angriff auf Russland. Putin hatte seine Bereitschaft erklärt, die „territoriale Integrität“ seines Landes auch mit Atomwaffen zu verteidigen.

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