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Die neue SPD-Vorsitzende Saskia Esken.

© imago images/Gerhard Leber

Update

Umstrittene Kündigung: SPD-Chefin Esken geht juristisch gegen Berichterstattung vor

Während ihrer Zeit als Vizechefin kündigte der Landeselternbeirat einer Mitarbeiterin. Laut Ministerium war er dazu nicht befugt – und die Kündigung unwirksam.

Saskia Esken bezeichnet ihre Arbeit als Vizevorsitzende im Landeselternbeirat Baden-Württemberg gerne als gute Vorbereitung auf das Amt der SPD-Vorsitzenden. Beides schwierige Läden, tief zerstritten. Nun rücken sie aber die von ihr im Landeselternbeirat gewählten Methoden in ein schlechtes Licht. Zumindest sind es recht konkrete Vorwürfe, die frühere Wegbegleiter im ARD-Magazin „Kontraste“ erhoben haben. Esken geht jetzt gegen den Bericht vor.

„Das ist kein ganz einfaches Gremium, denn es vertritt die recht unterschiedlichen Interessen und Auffassungen der Eltern von mehr als einer Million Schülerinnen und Schüler“, hatte Esken vor ihrer Wahl zur SPD-Vorsitzenden dem Tagesspiegel über ihre Tätigkeit von 2012 bis 2014 gesagt. Da habe sie Fähigkeiten erlernt, „die es braucht, um die SPD wieder zusammenzuführen“. In der ARD-Sendung „Anne Will“ betonte sie jüngst, sie habe die Verantwortung übernommen, nachdem der Landeselternbeirat „zehn Jahre lang sehr autokratisch geführt worden ist und hochzerstritten war“.

In dem „Kontraste“-Beitrag ist Christian Bucksch zu sehen, bis November 2011 Vorsitzender des Gremiums, das vom Kultusministerium mit 47.000 Euro im Jahr unterstützt wird, dazu kommen noch Zuschüsse für Personalausgaben von rund 30.000 Euro. Bucksch war damals schon der dritte Chef in zwei Jahren, was auch gewisse Analogien zur SPD zulässt. Der Elternbeirat war also in einer schwierigen Lage.

Bucksch erweckt den Eindruck, mit Esken sei es dann noch schlimmer geworden. So habe sich ein anderes Vorstandsmitglied Passwörter der Mitarbeiter geben lassen und sich Accounts angeschaut – ins Visier geriet die Büroleiterin Gabi W. Sie arbeitete seit elf Jahren in der Geschäftsstelle und hielt weiter Kontakt zum zurückgetretenen Bucksch, weshalb ihr Illoyalität vorgeworfen wurde. Beweise für den Vorwurf des Ausspähens legt Bucksch allerdings nicht vor. Esken legt Wert darauf, dass dies ohne ihr Wissen und Wollen geschehen sei. Es habe zudem den Sammelaccount des Landeselternbeirats betroffen, keine Accounts von einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Im Namen des Vorstands stellte Esken die Frau vor die Wahl: Kündigung oder Aufhebungsvertrag. Man einigte sich nicht. Esken warf laut der rausgeworfenen Mitarbeiterin das Kündigungsschreiben persönlich in den Briefkasten. „Ich durfte von dem Moment an das Gebäude nicht mehr betreten“, berichtete W.

Frau W. wurde in anderem Bereich eingesetzt

Doch der Beirat war gar nicht dazu befugt. Auf Anfrage des Tagesspiegels betont das Kultusministerium in Stuttgart, dass das Vertragsverhältnis der Büroleiterin direkt mit dem Kultusministerium bestand, da der Landeselternbeirat (LEB) keine juristische Person sei. Das Kultusministerium habe deswegen die Kündigung als unwirksam betrachtet, „da der Vorstand des LEB nicht kündigungsbefugt war.“ Das Ministerium habe Frau W. danach in einem anderen Bereich eingesetzt.

In der SPD wollen selbst Eskens Kritiker den Fall nicht kommentieren. Der Burgfrieden nach dem Parteitag soll halten. Aber gerade in der Bundestagsfraktion stehen viele Esken und ihrem Co-Vorsitzenden Norbert Walter- Borjans kritisch gegenüber – auch hier drohen  noch Loyalitätskonflikte.

Esken geht inhaltlich auf die Vorwürfe nicht ein

Auf konkrete Fragen des Tagesspiegels verbreitete die SPD-Pressestelle folgendes Zitat von Esken: „Wir haben den Landeselternbeirat Baden-Württemberg als Vorstandsteam ab 2012 demokratisiert und zusammengeführt.“

Dass das nicht allen gefallen habe und man auch auf Widerstände gestoßen sei, verstehe sich von selbst. „Das Gremium konnte sich auf diesem Weg zu einer starken Stimme der Eltern gegenüber Kultusverwaltung und Landesregierung entwickeln, die es heute noch ist.“ Doch auf die eigentlichen Vorwürfe geht Esken inhaltlich nicht ein.

Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte eine SPD-Sprecherin am Freitagabend, die Berichterstattung des ARD-Magazins sei "unwahr und damit rechtswidrig". Der beauftragte Medienanwalt Christian Schertz habe nach juristischer Prüfung "presserechtliche Schritte auf Unterlassung, Widerruf und Gegendarstellung" gegen den Sender RBB eingeleitet.

Heutiger Vorstandsvorsitzender weist Kritik zurück

In der "Stuttgarter Zeitung" wies Carsten T. Rees, der heutige Vorstandsvorsitzende des Elternbeirats, die Kritik von Buksch und der gekündigten Mitarbeiterin der Geschäftsstelle zurück. Entgegen der Darstellung durch „Kontraste“ sei nicht W. durch den Vorstand ausspioniert worden, sondern genau das Gegenteil sei der Fall gewesen: „Es war Illoyalität ganz andersherum.“

„Wir wurden bespitzelt, nicht die Mitarbeiterin“

Nach dem Rücktritt von Buksch habe der verbliebene Vorstand vor der Aufgabe gestanden, „die Berge von aufgelaufener Korrespondenz in der Geschäftsstelle zu bewältigen“, sagt Rees gegenüber der "Stuttgarter Zeitung" weiter. Dazu hätte auch gehört, „die E-Mails auf den beiden Geschäftsstellen-Computern abzuarbeiten“.

Dabei sei festgestellt worden, dass die später gekündigte Mitarbeiterin W. interne Mails des Vorstands ohne Erlaubnis an den ausgeschiedenen Buksch und andere Beiratsmitglieder versandt habe. „Wir wurden bespitzelt, nicht die Mitarbeiterin“, betont Rees gegenüber der Zeitung. Er führte nach dem Buksch-Rücktritt für eine Übergangszeit den Vorstand. Wegen Gefahr im Verzuge sei der Mitarbeiterin gekündigt worden. (mit AFP)

RICHTIGSTELLUNG

Im Artikel schrieben wir im Zusammenhang mit einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung mit einer Mitarbeiterin während der Tätigkeit von Saskia Esken als Vizevorsitzende des Landeselternbeirats Baden-Württemberg:

„Im Namen des Vorstands stellte Esken die Frau vor die Wahl: (...) Wenn sie sich für den Aufhebungsvertrag entscheide, solle sie diesen an Esken zurückgeben – und keine Kopie behalten“.

Hierzu stellen wir richtig:

Zu keinem Zeitpunkt hat Frau Esken von der Mitarbeiterin verlangt, bei der Wahl des Aufhebungsvertrags diesen an sie zurückzugeben und keine Kopie zu behalten.

Die Redaktion

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