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Unerlaubte Einreisen und Terrorgefahr: Faeser ordnet mehr Kontrollen an allen deutschen Grenzen ab nächster Woche an
Die Ampel hat der Union einen Vorschlag zur Grenzsicherung unterbreitet. Während das in der FDP begrüßt wird, erklärt ein Grünen-Politiker Faeser zur „Pressesprecherin von Friedrich Merz“.
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Um die Zahl der unerlaubten Einreisen stärker einzudämmen, hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vorübergehende Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen angeordnet. Die zusätzlichen Kontrollen sollen am 16. September beginnen und zunächst einmal sechs Monate andauern, wie am Montag aus Regierungskreisen bekannt wurde.
Als Gründe für die nun angeordneten Kontrollen genannt wurden neben der Begrenzung der irregulären Migration auch der Schutz der inneren Sicherheit vor aktuellen Bedrohungen durch den islamistischen Terrorismus und vor grenzüberschreitender Kriminalität.
Nach dem Migrationstreffen mit Unionsfraktion und Ländervertretern in der vergangenen Woche habe die Regierung nun zudem ein „Modell für europarechtskonforme und effektive Zurückweisungen entwickelt“, hieß es aus Regierungskreisen weiter. Dieses Modell gehe über die derzeit erfolgenden Zurückweisungen hinaus. Faeser habe dies der Unionsfraktion mitgeteilt und vertrauliche Gespräche dazu angeboten. Ein solches Gespräch mit der CDU/CSU-Fraktion und dem Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz könnte an diesem Dienstag stattfinden, hieß es.
Wenn man so einknickt, macht man sich zur Pressesprecherin von Friedrich Merz.
Julian Pahlke, MdB Bündnis 90/Die Grünen
Zurückweisungen an deutschen Landgrenzen gibt es derzeit nur in bestimmten Fällen: wenn jemand mit einer Einreisesperre belegt ist oder kein Asyl beantragt. Zurückweisungen an den deutschen Binnengrenzen sind grundsätzlich nur da möglich, wo es Kontrollen direkt an der Grenze gibt.
Seit Oktober sind laut Bundesinnenministerium mehr als 30.000 Menschen zurückgewiesen worden. Mitte Oktober 2023 hatte Bundesinnenministerin Faeser stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz angeordnet. An der deutsch-österreichischen Landgrenze gibt es solche Kontrollen, die mit der irregulären Migration begründet werden, bereits seit September 2015.
Wie der neue Vorschlag der Bundesregierung zu den Zurückweisungen genau aussieht, blieb zunächst offen. In der Vergangenheit hatte es aus dem politischen Raum unterschiedliche Ideen gegeben, etwa dass diese auf alle Ausländer ohne Ausweispapiere ausgedehnt werden sollten oder auf Asylbewerber, die bereits in einem Land als Schutzsuchende registriert wurden.
Kritik gegen Faesers Vorhaben von der Linken und den Grünen
„Allen Beteiligten in Bund und Ländern muss klar sein, dass sie in der Verantwortung sind, jetzt die Fehler der letzten 10 Jahre zu korrigieren“, sagte FDP-Vizefraktionschef Christoph Meyer dem Tagesspiegel am Montag. Mit Grenzkontrollen und Zurückweisungen würde das aktuelle Gelegenheitsfenster genutzt, um illegale und unkontrollierte Migration zu verhindern oder mindestens einzudämmen. Dafür sieht Meyer auch die Länder mit in der Verantwortung.
Grünen-Politiker Julian Pahlke sieht die Ankündigung Faesers dagegen deutlich kritischer. „Die Grenzkontrollen zerreißen jedes Mal eine ganze Region“, sagte Pahlke dem Tagesspiegel. In der Grenzregionen von Niedersachsen bis Bayern sei man völlig entnervt vom im Stau Stehen, ohne dass das Land dadurch sicherer würde. „Wenn man so einknickt, macht man sich zur Pressesprecherin von Friedrich Merz“, sagte Pahlke und warf Faeser vor, sich „mutlos“ von dem CDU-Parteivorsitzenden treiben zu lassen.
Allen Beteiligten in Bund und Ländern muss klar sein, dass sie in der Verantwortung sind, jetzt die Fehler der letzten 10 Jahre zu korrigieren.
Christoph Meyer, FDP-Vizefraktionschef
Auch die flucht- und rechtspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Clara Bünger, kritisierte den Kurswechsel der Regierung. Die Koalition lasse sich „von rechts treiben“. Zudem warf sie SPD, Grünen und FDP Rechtsbruch vor.
Kritik kam auch vom Sachverständigenrat für Integration und Migration, der die Bundesregierung bei diesen Themen berät. „Es braucht grundsätzlich eine europäische Lösung, wenn man die Fluchtmigration besser steuern und begrenzen will – und mehr Kooperation mit Herkunfts- und Transitstaaten“, erklärte der Vorsitzende Hans Vorländer.
Wenn die Umsetzung auf europäischer Ebene scheitere, drohe die Gefahr einer Renationalisierung des gesamten Asylsystems. „Das wäre ein Einschnitt von historischem Ausmaß und mit unabsehbaren Folgen“, sagte der Politikwissenschaftler. (dpa, epd, fha, fki)
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