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Eine Zapfpistole an einer Tankstelle

© DPA

„Ideologisch geprägter Kampf“ gegen das Auto: Streit über Klimaschutzforderungen des Umweltamts

Höhere Spritpreise, Tempolimit, Abschaffung der Pendlerpauschale: Die Kritik an den Vorschlägen des Umweltbundesamts sind deftig.

Unmittelbar vor dem SPD-Parteitag hat das Umweltbundesamt (UBA) den Streit um mehr Klimaschutz im Verkehr angefacht. Vorschläge wie eine deutlich höhere Besteuerung von Benzin und Diesel, eine Abschaffung der Pendlerpauschale und des Dienstwagenprivilegs stießen umgehend auf Ablehnung des Koalitionspartners. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte am Donnerstag, die Regierung stecke gerade mitten in der Umsetzung des „ausgewogenen“ Klimapakets. Das sei gemeinsam beschlossen worden. „Die Bürger erneut mit Verzicht, Verbot und Verteuerung à la Umweltbundesamt in Panik zu versetzen, ist der falsche Ansatz.“

Mit der Lancierung des Papiers hat UBA-Präsidentin Maria Krautzberger einen fulminanten Abgang hingelegt. Sie geht Ende des Jahres in den Ruhestand. Eigentlich ist das Papier seit einem halben Jahr fertig, es wurde jetzt lediglich aktualisiert. Das UBA durfte das Papier aber bisher nicht veröffentlichen, obwohl es schon vor den Vorschlägen des Klimakabinetts im September in die Debatte eingreifen wollte. Das Umweltministerium, dem das UBA untersteht, wollte aber dem Verkehrsministerium die undankbare Aufgabe überlassen, Einschnitte für die Mobilität im Dienste des Klimaschutzes zu verkünden. Jetzt aber veröffentlichte Krautzberger das Papier unabgestimmt. „Sie hat das gemacht, damit die Diskussion nicht mehr so vor sich hindümpelt“, hieß es in ihrem Amt.

Das UBA stellt in dem 36-seitigen Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, eine enorme Klimaschutzlücke für den Verkehr fest. Von 2018 bis 2030 würden die CO2-Emissionen nur von 162 Millionen auf 154 Millionen Tonnen sinken. Das Klimaschutzziel der Bundesregierung liegt aber bei 95 bis 98 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Das wichtigste Instrument, um die Lücke zu schließen: deutlich höhere Steuern auf fossile Kraftstoffe. Im Jahr 2030 würden dann 1,20 Euro Steuern pro Liter Diesel anfallen, beim Benzin wären es 1,13 Euro.

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU, r) lehnt die Vorschläge des Umweltbundesamtes ab.
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU, r) lehnt die Vorschläge des Umweltbundesamtes ab.

© Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

Zum Vergleich: Heute wird Diesel mit 47 Cent je Liter belastet und Benzin mit 65 Cent. Diese Sätze sind seit 2003 konstant. Das UBA kritisiert, dass die Steuersätze nicht einmal entsprechend der Inflation angepasst worden seien. Dadurch habe die Lenkungswirkung in Richtung weniger Verbrauch abgenommen. Als kurzfristige Maßnahme fordert das Amt ein Tempolimit von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen. Dadurch würden Verbrauch und Emissionen sinken, ebenso die Nachfrage nach Autos mit hoher Motorleistung. Das Thema Tempolimit will auch die SPD wieder aufgreifen und gegen die Union durchsetzen.

Die Pendlerpauschale hält das Umweltbundesamt für kontraproduktiv

Auf wenig Gegenliebe bei der Union dürfte auch die UBA-Idee stoßen, das Dienstwagenprivileg abzuschaffen. Die Beamten schreiben, wenn der Arbeitgeber die Tankrechnung übernehme, gebe es keinen Anreiz, sparsam zu fahren oder auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen. Auch die Pendlerpauschale hält das UBA für kontraproduktiv. Sie fördere weite Wege zur Arbeit. Den Experten ist es aber wichtig, dass es für alle Mehrbelastungen einen sozialen Ausgleich geben soll. Steuern an anderer Stelle sollten sinken, umweltfreundliche Verkehrsmittel ausgebaut und gefördert werden.

Gleichwohl sagte der CDU-Verkehrspolitiker Christoph Ploß dem Tagesspiegel: „Die Vorschläge des Umweltbundesamtes würden die Mobilität für viele Bürger teurer und unattraktiver machen.“ Die Politik müsse auch an Menschen mit weniger Geld denken. „Viel sinnvoller wäre es, in die Förderung von Wasserstoff und regenerativen Kraftstoffen wie E-Fuels zu investieren.“

Auch der Autofahrerclub ADAC warnte vor einer Verteuerung der Mobilität. Der Pkw sei in vielen Regionen nach wie vor alternativlos. „Deshalb können wir dessen Nutzung nicht maßlos verteuern, weil Alternativen heute nicht verfügbar sind.“ Klimaschutz dürfe nicht für einen „ideologisch geprägten Kampf“ gegen das Auto missbraucht werden.

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