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Reaktionen auf Umsturz in Syrien: Berlin verhängt Asyl-Entscheidungsstopp, Wien bereitet „Abschiebeprogramm“ vor
Aufgrund der unklaren Lage will das Bamf vorerst Asyl-Entscheidungen aussetzen. Österreichs Innenministerium hingegen bereitet ein „geordnetes Rückführungsprogramm“ nach Syrien vor.
Stand:
Nach dem Sturz des langjährigen Diktators Baschar al-Assad und der Eroberung der Macht durch islamistische Gruppen ist die Lage in Syrien unübersichtlich. Daher hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am Montagmittag einen sofortigen Entscheidungsstopp für Asylanträge von Menschen aus Syrien erlassen. Das berichtet der „Spiegel“.
Ein Sprecher des Ministeriums sagte der Nachrichtenseite, dass zunächst nicht absehbar sei, wie sich die Situation politisch weiter entwickeln werde. Solange dies der Fall sei, stehe jede Asyl-Entscheidung auf „tönernen Füßen“. Laut der Behörde sind davon 47.270 Asylanträge betroffen, größtenteils Erstanträge. Für bereits getroffene Entscheidungen hat dies keine Auswirkung.
Nach dem Sturz des Regimes hatten mehrere CDU-Politiker argumentiert, dass wesentliche Asylgründe nun weggefallen und Syrer bei der Rückkehr in ihr Heimatland zu unterstützen seien. Politiker der Grünen und FDP dagegen mahnten vorerst zur Zurückhaltung.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte, sie halte Spekulationen über Rückführungen von Syrern oder Syrerinnen derzeit für „unseriös“. „Viele Flüchtlinge, die in Deutschland Schutz gefunden haben, haben jetzt endlich wieder eine Hoffnung auf eine Rückkehr in ihre syrische Heimat und auf den Wiederaufbau ihres Landes.“ Allerdings sei die Lage in Syrien noch sehr unübersichtlich. „Deshalb sind konkrete Rückkehrmöglichkeiten im Moment noch nicht vorhersehbar und es wäre unseriös, in einer so volatilen Lage darüber zu spekulieren.“
Angesichts dieser unklaren Lage sei es aber richtig, „dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge heute einen Entscheidungsstopp für aktuell noch laufende Asylverfahren verhängt hat, bis die Lage klarer ist“, erklärt die SPD-Politikerin weiter. „Dann wird das BAMF seine Entscheidungspraxis an die neue Lage anpassen.“
Außenministerin Annalena Baerbock warnte nach dem Ende der Herrschaft von Assad vor zu schnellen Schlussfolgerungen zur sicherheitspolitischen Lage im Land. „Niemand kann an diesem Tag vorhersehen und auch in den nächsten Tagen nicht vorhersehen, wie das in Syrien weitergeht, was es sicherheitspolitisch bedeutet“, sagte die Grünen-Politikerin am Rande eines Besuchs des Logistikzentrums des Deutschen Roten Kreuzes am Flughafen BER in Schönefeld.
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Das bedeute auch Unklarheit, „ob weitere Menschen aus der Region fliehen, weil andere Extremisten jetzt ihr Unwesen treiben oder ob Menschen nach Syrien wieder zurückkehren können“, erklärte Baerbock. Es gelte nach diesem ersten Aufatmen für die Menschen in Syrien, alles dafür zu tun, dass die Menschen vor Ort geschützt werden und der Friedensprozess vorankomme. „Jeder, der jetzt versucht diese Situation in Syrien, dessen Zukunft vollkommen unklar ist, für parteipolitische Zwecke zu missbrauchen, der hat den absoluten Bezug zur Realität im Nahen Osten verloren.“
Söder: Müssen über stärkere Rückführung von Syrern nachdenken
CSU-Chef Markus Söder rechnet derweil mit deutlich mehr freiwilligen Rückkehren von Syrern aus Deutschland in das Heimatland. „Der Grund, Syrien zu verlassen, war vor allem Assad. Deswegen wird es viele Menschen geben, die jetzt einfach in ihre Heimat zurückwollen“, sagte der bayerische Ministerpräsident nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München.
Söder betonte, er finde es „übrigens richtig“, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylanträge von Syrern zunächst zurückstelle: „Es muss sogar überlegt werden, wie eine stärkere Rückführung in die syrische Heimat vieler Menschen möglich ist.“ Dazu sei es auch wichtig, die Menschen bei der Rückkehr in ihre Heimat zu unterstützen. Den Grünen warf Söder vor, durch ihre skeptischen Äußerungen die Rückreise von Syrern zu behindern.
Österreich geht bereits weiter als der Bund. Kanzler Karl Nehammer hat einem Bericht der „Welt“ zufolge das Innenministerium beauftragt, alle laufenden Asylanträge von Syrern auszusetzen und bereits gewährte Asylanträge angesichts der neuen Situation erneut zu überprüfen.
Österreichs Innenminister Gerhard Karner sagte der „Welt“: „In diesem Zusammenhang habe ich das Ministerium beauftragt, ein geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm nach Syrien vorzubereiten.“ (Trf, dpa, Reuters)
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