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Urteil wegen Bestechung einer Abgeordneten: Wir müssen über Korruption reden
Ein früherer CSU-Politiker wird wegen der Weiterleitung von Schmiergeld aus Aserbaidschan verurteilt. Viel zu lange hat die Politik bei strategischer Korruption weggeschaut – das muss sich ändern.

Stand:
Mit diesem Urteil wird Rechtsgeschichte geschrieben: Erstmals ist in Deutschland ein Angeklagter wegen Bestechung einer Bundestagsabgeordneten schuldig gesprochen worden.
Eduard Lintner, einst selbst für die CSU im Parlament, wurde am Mittwoch vom Oberlandesgericht München zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt.
Er leitete Geld aus Aserbaidschan an die CDU-Politikerin Karin Strenz weiter. Dafür setzte sie sich im Europarat für die Interessen der Diktatur am Kaspischen Meer ein. Strenz selbst konnte nicht auf der Anklagebank sitzen, sie ist mittlerweile verstorben.
Das Urteil wirft ein Schlaglicht darauf, was im Umgang mit dem Thema Korruption im Allgemeinen und mit diesem Fall in Deutschland lange falsch gelaufen ist.
Schon vor zehn Jahren gab es Anzeichen, dass mit dem ungewöhnlichen Engagement der CDU-Politikerin Strenz für Aserbaidschan etwas nicht stimmen konnte. In der Unionsfraktion fiel das aber nicht weiter auf. Vielleicht wollte man es auch nicht so genau wissen.
Führung der Unionsfraktion unternahm lange nichts
Selbst als klar war, dass Strenz Geld aus Baku erhalten hatte, blieb die Fraktionsführung weitgehend untätig. Im Europarat hatte die CDU-Politikerin mittlerweile Hausverbot.
Es geht hier nicht nur um das Fehlverhalten Einzelner, sondern um autoritäre Staaten, die glauben, sie könnten deutsche Parlamentarier einfach kaufen.
Claudia von Salzen
Doch im Bundestag wollte die Union über einen Ausschluss aus der Fraktion nicht einmal ernsthaft nachdenken. Erst unter dem Eindruck der Maskenaffäre in der Coronakrise hat das Parlament die Regeln für Abgeordnete massiv verschärft.
Auch die Justiz tat sich anfangs schwer mit dem Fall. Die Generalstaatsanwaltschaft Rostock verzichtete vor einigen Jahren auf die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Strenz. Schließlich gebe es keine „Unrechtsvereinbarung“ – also ein Dokument, in dem Bestechungsgeld und Gegenleistung schriftlich festgehalten wären.

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Wie gut, dass die Generalstaatsanwaltschaft München (und zuvor Frankfurt/Main) den Fall offensichtlich anders einschätzte. Übrigens fanden die Ermittler am Ende eine Art Verpflichtungserklärung, die Strenz selbst geschrieben hatte.
Die juristische Aufarbeitung der Aserbaidschan-Affäre ist noch nicht vorbei. Der ehemalige CDU-Abgeordnete Axel Fischer muss sich wegen des Verdachts der Bestechlichkeit verantworten. Er soll regelmäßig Bargeld erhalten haben. Die Vorwürfe bestreitet er. Fischer gehörte sogar dem Vorstand der Unionsfraktion an.
Es geht hier nicht nur um das Fehlverhalten Einzelner, sondern um autoritäre Staaten, die glauben, sie könnten deutsche Parlamentarier einfach kaufen. Aktuelle Verdachtsfälle im Zusammenhang mit Russland und China zeigen, dass uns das Thema strategische Korruption noch lange beschäftigen dürfte. Es ist Zeit, das endlich ernst zu nehmen.
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