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Der designierte Präsidentschaftskandidat der Demokraten: Joe Biden.

© Kevin Lamarque/Reuters

US-Demokrat brüskiert Schwarze: Joe Biden handelt sich Rassismus-Vorwurf ein

Joe Biden ist auf die Stimmen der Afroamerikaner angewiesen, will er Präsident Donald Trump ablösen. In einem Interview langte er nun verbal heftig daneben.

Der designierte Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Joe Biden, hat in den USA mit einer Äußerung zur Unterstützung afroamerikanischer Wähler Aufregung ausgelöst. Biden sagte am Freitag (Ortszeit) im Gespräch mit einem prominenten afroamerikanischen Radiomoderator, dieser sei kein wirklicher Schwarzer, wenn er überlegen müsse, ob er ihn oder Präsident Donald Trump unterstütze.

Joe Biden bedauert seine Äußerung später

US-Medienberichten zufolge bedauerte Biden seine Äußerung anschließend. Der Sender CNN berichtete, Biden habe in einer Telefonschalte mit der afroamerikanischen Handelskammer eingestanden, dass seine Worte als hochmütig aufgefasst werden könnten. Er wisse, dass er die Stimmen von Afroamerikanern nicht für selbstverständlich halten könne. „Ich weiß, dass ich die afroamerikanischen Stimmen brauche, um die Präsidentschaftswahl zu gewinnen.“

Im Gespräch mit den Geschäftsleuten entschuldigte er sich für seine „unglücklichen" Äußerungen: „Ich hätte nicht so ein Klugscheißer sein sollen. Ich hätte nicht so unbekümmert sein sollen“, sagte er nach Angaben von Journalisten. Er habe die afroamerikanische Gemeinschaft „niemals als selbstverständlich angesehen“, versicherte Biden. „Niemand sollte aufgrund von Rasse, Religion oder Herkunft für eine Partei stimmen müssen“ betonte er.

Biden (77), der unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama Vizepräsident war, erfreut sich bei Afroamerikanern großer Zustimmung. In sozialen Medien kam es aber zu einer hitzigen Debatte; viele Schwarze kritisierten Bidens Äußerung als bevormundend. Trumps Wahlkampfteam verurteilte die Bemerkung als „rassistisch“. Sie zeige, dass Biden als Weißer glaube, dass Schwarze „unfähig sind, unabhängig zu sein oder unabhängig zu denken“.

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Präsidentensohn Donald Trump Jr. warf Joe Biden im Onlinedienst Twitter eine „ekelhafte und entmenschlichende rassistische Mentalität" vor. Der Senator Tim Scott, der einzige schwarze Republikaner im Senat, verwies darauf, dass 1,3 Millionen Afroamerikaner bei der Wahl 2016 für Trump gestimmt hätten. „Heute Mittag hat Joe Biden jedem von Euch gesagt, dass ihr 'nicht schwarz' seid!“ Trumps Wahlkampfberaterin Katrina Pierson nannte Biden einen „elitären weißen Liberalen“, der „rassistisch erniedrigende“ Kommentare von sich gebe.

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Der Radiomoderator Charlamagne Tha God hatte Biden in dem Gespräch nach Berichten gefragt, wonach er die weiße Senatorin Amy Klobuchar in die engere Auswahl für die Position der Vizepräsidentin genommen habe. Der Moderator sagte, Biden habe seinen Sieg bei den Vorwahlen schwarzen Wählern zu verdanken, deswegen gebe es jetzt auch Forderungen nach einem schwarzen Vize im Weißen Haus.

„Dann sind Sie nicht schwarz“

Biden erwiderte, es gebe auch schwarze Kandidatinnen. Zum Schluss des Gesprächs fügte er dann hinzu: „Wenn Sie ein Problem haben zu klären, ob Sie für mich oder für Trump sind, dann sind Sie nicht schwarz.“ Biden betonte, er setze sich seit Jahrzehnten für Afroamerikaner ein. Eine Beraterin Bidens erklärte später über Twitter, Bidens Bemerkung sei scherzhaft gewesen – da verbreitete sich aber schon die Debatte rund um den Hashtag „YouAintBlack“ (Sie sind nicht schwarz).

Biden kann bei der Präsidentenwahl am 3. November mit einer Mehrheit der Stimmen der Afroamerikaner rechnen. Für den Demokraten könnte es jedoch entscheidend sein, wie motiviert schwarze Wähler sind: Wenn sie schlicht nicht abstimmen, sondern zu Hause bleiben, dürfte ein Wahlsieg für Biden nochmals schwerer zu erreichen sein.

Auch US-Präsident Trump äußert sich immer wieder rassistisch. Erst am Donnerstag sagte er bei einem Besuch einer Autofabrik im Bundesstaat Michigan über den als Antisemiten bekannten Firmengründer Henry Ford, dieser sei ein Mann mit "guten Blutlinien" gewesen. (dpa, AFP)

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