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Die NSA soll die französischen Präsidenten Jacques Chirac, Nicolas Sarkozy und Francois Hollande abgehört haben.

© AFP

Update

NSA soll französische Präsidenten abgehört haben: USA bemühen sich um Schadensbegrenzung

Der US-Geheimdienst NSA soll drei französische Präsidenten abgehört haben. Das berichten Medien mit Verweis auf die Enthüllungsplattform Wikileaks. Inzwischen bemühen sich die USA um Schadensbegrenzung.

Nach der Empörung über Ausspähaktionen des US-Geheimdienstes NSA in Deutschland belasten neue Enthüllungen der Plattform Wikileaks nun auch das Verhältnis der USA zur französischen Regierung. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius hat wegen der neuen Spionagevorwürfe nach Angaben aus Diplomatenkreisen die US-Botschafterin in Paris einbestellt. Dies meldete die französische Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch. Die Botschafterin Jane Hartley solle am Nachmittag ins Außenministerium kommen.

Die Enthüllungsplattform hatte am Dienstag Geheimdokumente veröffentlicht, wonach über Jahre hinweg die drei französischen Präsidenten Jacques Chirac, Nicolas Sarkozy und François Hollande von den USA abgehört wurden. Hollande berief als Reaktion für Mittwochmorgen einen Verteidigungsrat ein.

Bei den Dokumenten handelt es sich um fünf Berichte des US-Geheimdienstes NSA

Zuerst berichteten am Dienstagabend die französische Zeitung "Libération" und die Enthüllungsplattform Mediapart über die brisanten Dokumente. Später wurden sie auf Wikileaks veröffentlicht. Bei den als streng geheim eingestuften Dokumenten handelt es sich unter anderem um fünf Berichte des US-Geheimdienstes NSA, die auf abgefangener Kommunikation basierten. Demnach wurden neben den Präsidenten auch andere hochrangige Vertreter Frankreichs überwacht. Wikileaks-Gründer Julian Assange kündigte am Dienstagabend weitere Enthüllungen an.

USA: "Wir nehmen die Kommunikation von Präsident Hollande nicht ins Visier"

Inzwischen bemühen sich die USA um Schadensbegrenzung. „Wir nehmen die Kommunikation von Präsident (François) Hollande nicht ins Visier und werden sie nicht ins Visier nehmen“, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats (NSC), Ned Price, am Mittwoch. Er nahm aber nicht zu früherer NSA-Praxis Stellung. Man arbeite mit Frankreich in internationalen Angelegenheiten eng zusammen, Paris sei ein unverzichtbarer Partner, meinte Price am Mittwoch weiter. Bereits zuvor hatte er die Enthüllungen nicht dementiert.

Die Regierung in Paris nannte den Vorgang "inakzeptabel unter Verbündeten". Von den USA würden dazu "nähere Angaben" verlangt, sagte Regierungssprecher Stéphane Le Foll am Mittwoch. "Es ist schwer zu akzeptieren, dass es unter Verbündeten solche Praktiken geben kann, besonders beim Abhören von Präsidenten der Republik". Zugleich versicherte Le Foll, dass die Abhöraffäre keine "Krise" zwischen Frankreich und den USA auslösen werde. "Es gibt genug gefährliche Krisen in der Welt", sagte er.

Wie die NSA über Hollande und Sarkozy berichtete

Der US-Lauschangriff dauerte den Dokumenten zufolge mindestens von 2006 bis 2012. Das neueste Dokument stammt den Berichten zufolge vom 22. Mai 2012, es entstand also wenige Tage nach der Amtsübernahme des Sozialisten Hollande. Hollandes damaliger Premierminister Jean-Marc Ayrault riet dem Staatschef demnach, ein Treffen mit der SPD, die damals in der Opposition war, zur Griechenland-Krise vor Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geheim zu halten.

In den Geheimdienstdokumenten hieß es, bei einem Treffen mit Merkel am Tag seiner Amtsübernahme am 15. Mai 2012 habe Hollande den Eindruck gewonnen, dass sie Griechenland "fallengelassen" habe und "sich nicht mehr bewegen wird". Hollande sei daher "sehr beunruhigt" und befürchte, die Griechen könnten eine "extremistische Partei" wählen.

In einem Dokument über Hollandes konservativen Amtsvorgänger Sarkozy heißt es, dieser habe sich 2008 als "einziger fähiger Mann" im Kampf gegen die damalige Finanzkrise betrachtet. Aus dem Umfeld Sarkozys, dem Ambitionen auf eine Rückkehr in den Elysée-Palast nachgesagt werden, hieß es, derartige Spionagepraktiken seien "grundsätzlich inakzeptabel und noch mehr zwischen Verbündeten".

In einem anderen Dokument werden den Berichten zufolge verschiedene Telefonnummern aufgelistet, darunter die Nummern von Präsidenten, ihren engsten Beratern und verschiedenen Ministern. In Deutschland hatte ein mutmaßlicher US-Lauschangriff auf das Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Merkel für große Aufregung gesorgt. Aus Hollandes Umfeld erfuhr die Nachrichtenagentur AFP, der Präsident habe "entschieden, am Mittwochmorgen um 09.00 Uhr einen Verteidigungsrat einzuberufen", um "zweckdienliche Schlussfolgerungen" aus den Enthüllungen zu ziehen.

USA: Präsident Hollande wird derzeit nicht ausspioniert

Das Weiße Haus versicherte, dass Hollande nicht überwacht wird. "Wir nehmen die Kommunikation von Präsident Hollande nicht ins Visier und werden sie nicht ins Visier nehmen", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, Ned Price, am Dienstag in Washington. Zur Praxis in der Vergangenheit äußerte er sich allerdings nicht.

Die in den NSA-Dokumenten aufgelisteten Telefonnummern sind laut NDR und "Süddeutscher Zeitung" offenbar Teil der sogenannten Selektoren, anhand derer die NSA weltweite Datenströme durchsucht. Auch der Bundesnachrichtendienst (BND) hat für seine Abhörstation in Bad Aibling Selektoren von der NSA geliefert bekommen. Ob die nun von Wikileaks veröffentlichten Selektoren auch in Bad Aibling eingesetzt wurden, ist demnach aber unklar. (dpa/AFP)

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