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Zähne zusammenbeißen: Der Bundesinnenminister vor Beginn einer Verhandlungsrunde in dieser Woche.

© dpa

Hans-Peter Friedrich angeschlagen: Verhandeln – auch über sich selbst

Das war eine harte Woche für den Bundesinnenminister: CSU-Chef Seehofer hat Friedrich mehrfach angezählt. Dessen Zukunft wird auch davon abhängen, wie die innenpolitischen Knackpunkte in den Koalitionsverhandlungen am Ende gelöst werden.

Am Ende wird Hans-Peter Friedrich (CSU) dann doch zufrieden sein. Irgendwie. Vielleicht auch fürs Erste nur damit, dass diese Woche endlich vorbei ist. Als er zusammen mit CDU-Vize Thomas Strobl am Donnerstag wie alle Unions-Vorsitzenden der Arbeitsgruppen vom Rapport bei der Kanzlerin kam, sagte er: „Wir leben noch und die anderen leben auch noch.“ Um diesen Satz richtig zu verstehen, muss man wissen, dass an dem Gespräch auch CSU-Chef Horst Seehofer teilgenommen hat. Und mit dem hatte Friedrich mal wieder eine Begegnung der besonderen Art.

Am Mittwoch ploppte die Nachricht auf, dass Friedrich die Daten der Lkw-Maut den Sicherheitsbehörden zugänglich machen will. Horst Seehofer witterte die Gefahr, allerdings sorgte er sich nicht um die NSA-Debatte, sondern vor allem um sein Lieblingsprojekt, die Pkw-Maut. Die war kurzzeitig durch die Diskussion um die Lkw-Mautdaten auch in Gefahr. Seehofer trat die kleine Flamme schnell aus, solange es noch nicht lichterloh brannte. Er griff zum Telefon, stutzte Friedrich zurecht und kurz danach musste der Innenminister erklären, dass sich das Thema erledigt hat.

Friedrich war brüskiert und das nicht zum ersten Mal. Schon aus den Sondierungsgesprächen mit den Grünen drang nach außen, dass Seehofer seinen Innenminister bloßstellte, als er Kompromissbereitschaft in der Frage der doppelten Staatsbürgerschaft signalisierte und betonte, für die gesamte Partei zu sprechen.

Innenminister Friedrich ist angeschlagen

Nimmt man die öffentliche Kritik an Friedrichs Rolle in der NSA-Debatte hinzu, dann ist der Innenminister angeschlagen in die innenpolitischen Verhandlungen gegangen und so auch wieder herausgekommen. Abgeschrieben ist er aber noch nicht. Denn dass Seehofer seine eigenen Leute gerne mal im Regen stehen lässt oder sie dorthin schiebt, hat Friedrich nicht exklusiv. Es trifft immer den, bei dem es für Seehofer gerade opportun ist. Für den Moment ist Friedrich sogar wichtig für Seehofer. Denn der Innenminister verhandelt in einer Runde, in der die Gegensätze zwischen Union und SPD am deutlichsten zutage treten: in der Arbeitsgruppe „Innen und Justiz“. Am Freitag kam sie offiziell zum letzten Mal zusammen. Am Mittwoch soll der Themenkomplex in die große Runde.

Friedrich zieht zwar ein positives Zwischenfazit. Man sei „relativ weit gekommen“, es gebe „sehr klare und kommunizierbare Gemeinsamkeiten“. Tatsächlich aber bleiben dicke Brocken für die große Runde übrig – fast alle aus der Gesellschaftspolitik: doppelte Staatsbürgerschaft, Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften, Volksentscheide. Auch die Vorratsdatenspeicherung, wenngleich man da der großen Runde wohl noch wenigstens einen Vorschlag zur Diskussion unterbreiten kann. Seehofer kann damit dieses Feld bis zum Ende als Verhandlungsmasse – auch für seine Maut – benutzen. Ein kompromissbereiter Friedrich wäre ihm da nicht recht; insofern nutzt es dem CSU-Chef, dass der Innenminister vorerst seinem liberalen Schmusekurs beim Thema doppelte Staatsbürgerschaft nicht folgt.

Friedrich selbst hat mittlerweile etwas Gefallen an seinem Amt gefunden, wenngleich die Innenpolitik nicht sein Leib- und Magenthema war und wohl auch immer noch nicht so recht ist. Der Name Alexander Dobrindt schwebt derzeit über allem, wenn es um Ministerien für die CSU geht. Ob Friedrich eine Rochade mitmacht, ist ungewiss. Es käme wohl darauf an, wohin man ihn rotieren ließe. Verankert ist er in Verkehrs- und Baupolitik – dort sitzt derzeit Peter Ramsauer, ein Christsozialer, den Seehofer noch mehr auf dem Kieker hat als Friedrich.

Horst Seehofer ist der bessere Akteur

Und die SPD? Thomas Oppermann, Friedrichs SPD-Pendant in der Arbeitsgruppe, würde den Posten sicher gern übernehmen. Aber die Sozialdemokraten wissen, dass die CSU das Ressort nicht einfach aufgeben wird. Deshalb betont Oppermann gerne auch Bürgerrechtsthemen – vielleicht schon in Vorbereitung auf das Justizministerium.

Friedrichs Zukunft wird auch davon abhängen, wie die innenpolitischen Knackpunkte am Ende gelöst werden. Und da gilt der viel zitierte Leitsatz jeder Koalitionsverhandlung: „Nichts ist verhandelt, bis nicht alles verhandelt ist.“ Das kann Friedrich Mut machen. Oder es macht ihm Angst und Bange. Schließlich klingt der Satz auch nach Basar. Und da ist Horst Seehofer der bessere Akteur.

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