zum Hauptinhalt
Über die Autobahn rasen soll bald Geschichte sein, fordern Experten. Foto: imago/Frank Sorge

© imago/Frank Sorge

Verkehrspolitik: Was ein Tempolimit auf der Autobahn nützt

Geschwindigkeitsbegrenzung, E-Autos, Diesel-Steuer - Die Vorschläge der Expertenkommission "Klimaschutz im Verkehr" sorgen für Empörung. Nicht zum ersten Mal.

Die Forderung ist so alt wie die Ölkrise: „Freie Fahrt für freie Bürger“ hieß es im Jahr 1973. Im Zuge der Verknappung des Rohstoffs Öl und der daraus folgenden autofreien Sonntage wird vor mehr als 45 Jahren die Diskussion über ein Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen laut. Nicht mehr als 100 Stundenkilometer sollen dort gefahren werden. Das will der damalige SPD-Verkehrsminister Lauritz Lauritzen durchsetzen. Zunächst, um Benzin zu sparen. Später soll die dauerhafte Beschränkung die Autobahnen sicherer machen. Soweit der Plan.

Wer will schon gegängelt werden?

Doch der Sturm der Entrüstung ist groß und es schlägt die Stunde des ADAC. Plakate, Millionen von Aufklebern und schließlich eine Unterschriftensammlung hämmern es in die Hirne: „Freie Fahrt für freie Bürger“ lautet der Slogan, der bis heute im kollektiven Gedächtnis abgelegt ist. Unbegrenzte Geschwindigkeit mit persönlicher Freiheit zu verknüpfen ist psychologisch geschickt: Wer möchte schon gerne gegängelt werden? Und das auch noch im eigenen Auto? Wohl auch deshalb wird die Debatte über Geschwindigkeitsbegrenzungen in Deutschland mit besonderer Emotion geführt.

Tatsächlich streiten Verkehrsexperten über die Frage, ob ein Tempolimit Autobahnen sicherer machen und Unfallzahlen senken würde. Bei den Unfallursachen steht laut Statistischem Bundesamt „nicht angepasste Geschwindigkeit“ in den vergangenen vier Jahren an vorderster Stelle. Allerdings zählt dazu auch die überhöhte Geschwindigkeit auf Landstraßen und innerorts.

Die Verkehrswissenschaftlerin Maria Limbourg fordert seit Jahren eine Einführung des Tempolimits für Autobahnen - nicht wegen des Naturschutzes, sondern um die Autofahrer zu entlasten. "Für entspanntes Fahren", wie sie sagt. In den Augen der Raser seien alle langsameren Autofahrer "Hindernisse", sagt Limbourg. Die würden dann durch dichtes Auffahren oder per Lichthupe bedrängt. "Bei einem Tempolimit fällt das weg", erklärt die emeritierte Professorin der Universität Essen.

Kaum Einfluss auf die Natur

Für die Umwelt habe ein Tempolimit auf Schnellstraßen aber kaum Auswirkung, ist Limbourg überzeugt. Ohnehin nutzten nur wenige Fahrer Strecken ohne Geschwindigkeitsbegrenzung zum Rasen. Einen großen Rückgang des CO2-Ausstoßes würde ein Tempolimit für die Autobahn also nicht bringen, sagt Limbourg.

Auch den Nutzen höherer Diesel-Steuern bezweifelt die Verkehrsexpertin. Wer auf den Wagen angewiesen sei, könne das Auto wegen hoher Spritpreise nicht einfach in der Garage stehen lassen. "Die Menschen fahren gleich viel", sagt Limbourg. "Die Politik sollte lieber gute Alternativen zum Auto anbieten." Öffentliche Verkehrsmittel oder gut ausgebaute Fahrradwege könnten einen besseren Beitrag zum Umweltschutz leisten als jede Sonderabgabe auf Diesel.

Deutschland ist das einzige Land in Europa, in dem es auf einzelnen Abschnitten der Autobahnen kein Tempolimit gibt. In den meisten unserer Nachbarstaaten gelten Beschränkungen von 120 oder 130 Stundenkilometern, so zum Beispiel in Frankreich, Dänemark und Italien. In Polen sind 140 Stundekilometer erlaubt, Albanien lässt nur 110 Stundenkilometer zu.

"Du kannst einfach Gas geben"

Für Menschen, die aus ihren Ländern ein Tempolimit gewöhnt sind, ist die Situation in Deutschland verblüffend. So erzählte der amerikanische Schauspieler Tom Hanks nach Dreharbeiten in Deutschland beim Talkmaster David Laetterman begeistert über eine Spritztour auf deutschen Autobahnen: „Die Regierung steht hinter dir, und du kannst einfach Gas geben, Baby.“

Zur Startseite