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"Das ist keine große Sache": US-Präsident Donald Trump redete die Krise zu lange klein.

© imago images/ZUMA Wire

Vom Coronavirus völlig überfordert: Trumps Narzissmus wird zur tödlichen Bedrohung für die USA

Dass Trump ein Narzisst ist, ist nicht neu. Doch die Eigenschaft gewinnt in der Coronavirus-Krise eine ganz neue Dramatik mit furchtbaren Folgen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

In der Krise zeigen die Menschen ihren wahren Charakter. So heißt es. Nach ein paar Wochen Coronavirus-Krise in den USA müsste auch dem letzten Amerikaner klar geworden sein, was diesem Präsidenten wichtig ist.

Denn Donald Trump zeigt Tag für Tag, was ihn am meisten umtreibt, wenn er sich an sein Volk wendet: Er ist zuvorderst wenn nicht ausschließlich an sich selbst interessiert. An seinen Umfragewerten, den Einschaltquoten seiner Pressekonferenzen, dem Grad der Anerkennung, die ihm entgegen gebracht wird. Oder auch nicht.

Dass Donald Trump ein Narzisst ist, ist nicht neu – doch es gewinnt jetzt, in der Krise, eine neue, tödliche Dramatik. Angesichts der wohl größten Menschheitskatastrophe seit langem hat der Präsident es tagelang nicht für nötig gehalten, ein empathisches Wort an seine zunehmend verunsicherten Bürger zu richten.

An Bürger anderer Länder verschwendet er weiter keinen Gedanken. Er geißelt an der Krise verzweifelnde Gouverneure, wenn die ihn nicht genug loben. Journalisten, die kritische Fragen stellen, warnt er, sie sollten „nett“ zu ihm sein und ihm nicht „drohen“.

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Trump freut sich über "Umfragewerte auf Rekordhoch"

Dafür retweetet er Berichte über die vielen Millionen Zuschauer, die seine Briefings verfolgen – so viele wie bei der letzten Staffel der Kuppel-Serie „The Bachelor“ –, freut sich über „Umfragewerte auf Rekordhoch“.

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Und er, der die Krise viel zu lange kleinredete („Das ist keine große Sache“) und behauptete, alles unter Kontrolle zu haben, hat nun nicht den leisesten Skrupel, den unfassbaren Satz zu sagen: Wenn es den USA gelinge, die Zahl der Todesfälle auf 100.000 bis 200.000 zu begrenzen, „dann haben wir alle sehr gute Arbeit geleistet“.

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Nun könnte man weiter argumentieren, dass es auf seine Rhetorik gar nicht ankomme, sondern nur auf seine Taten. Dass Trump ja inzwischen doch noch die Kurve gekriegt habe und das Ausmaß der Krise nicht nur zur Kenntnis nehme, sondern auch wirksame Gegenmaßnahmen eingeleitet habe: ein Zwei-Billionen-Dollar-Rettungspaket, eine Verlängerung der Schutzmaßnahmen, Hilfe für besonders betroffene Bundesstaaten.

Das könnte man argumentieren, wenn nicht so viel wertvolle Zeit ungenutzt verstrichen wäre – und wenn er mit seinen Worten nicht so viel Schaden anrichten würde.

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So empfahl Trump in völliger Selbstüberschätzung Medikamente gegen das Virus, obwohl deren Wirksamkeit gar nicht belegt ist. Mit der Folge, dass Menschen in Gefahr geraten, die diese Medizin einfach mal einwerfen – und andere, weil sie aufgrund der extrem gestiegenen Nachfrage nun nicht mehr an ihre dringend benötigten Medikamente gegen die eigene Krankheit gelangen.

Sein langes Zögern, die Krise ernst zu nehmen, lässt viele seiner Anhänger heute noch daran zweifeln, dass die strengen Schutzmaßnahmen wirklich notwendig sind.

Die Krise fordert entschiedenes und abgestimmtes Handeln

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So hat die christliche Liberty University in Lynchburg/Virginia, deren Präsident ein glühender Trump-Fan ist, ihre Studenten aufgefordert, nach dem Spring Break wieder auf den Campus zurückzukehren, als alle anderen Colleges dichtmachten. Die Studenten seien aufgrund ihres Alters ja kaum gefährdet, hieß es.

Ein womöglich desaströser Alleingang: Rund ein Dutzend Studenten zeigen nun Symptome der Coronavirus-Erkrankung Covid-19.

[Aktuelle Entwicklungen der Coronavirus-Pandemie weltweit können Sie hier in unserem Newsblog verfolgen.]

Diese Krise ist extrem gefährlich. Sie fordert Übermenschliches von so vielen, nicht zuletzt von denen, die politisch Verantwortung tragen.

Doch der US-Präsident genießt es lieber, sich als Oberbefehlshaber in einem „Krieg“ gegen das Virus zu inszenieren und wippt zur Marschmusik, wenn er Lazarettschiffe in Richtung der notleidenden Millionenmetropole New York City schickt.

Auf was es bei seinem Amt wirklich ankommt, versteht er nicht: auf entschiedenes, abgestimmtes und nachvollziehbares Regierungshandeln, das Vertrauen schafft, damit die Menschen sich an die harten Auflagen halten und so Schlimmeres verhindern. Doch dazu müsste Trump sich selbst untreu werden – und sich weniger mit sich selbst beschäftigen. Das ist nicht zu erwarten. Auch nicht in dieser Krise.

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