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Olaf Scholz (SPD) schlägt inzwischen einen rigideren Kurs in der Migrationspolitik ein.

© dpa/Christoph Soeder

Vor Kabinettsbeschluss zu Migration: SPD-Linke kritisieren Asyl-Kurs der Bundesregierung

Linke Sozialdemokraten protestieren gegen den Migrationskurs des Bundeskanzlers und seiner Bundesinnenministerin. Olaf Scholz will künftig „im großen Stil abschieben“, Nancy Faeser will ein entsprechendes Gesetzespaket durch das Kabinett bringen.

Im linken Parteiflügel der SPD rumort es. Infrage steht der Kurs der Parteiführung und der sozialdemokratisch geführten Bundesregierung in Sachen Asylpolitik. Der Co-Vorsitzende der linken Partei-Gruppierung „Forum DL21“, Sebastian Roloff, etwa sagte dem Tagesspiegel am Dienstag: „Maßnahmen, die vor allem staatliche Härte zeigen sollen, die Situation aber nicht konkret verbessern, helfen nicht weiter.“ Stattdessen müsse man sich „jetzt politisch auf die Entlastung von Kommunen und schnellere Verfahren konzentrieren“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete.

Hintergrund der Kritik im linken Lager der Partei sind Aussagen von Bundeskanzler Olaf Scholz am Wochenende im „Spiegel“ sowie die Titelseite des Nachrichtenmagazins: „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“ stand darauf. Ebenso einseitig wird von manchem in der Partei der am Mittwoch geplante Kabinettsbeschluss für ein Gesetzespaket für einfachere Abschiebungen empfunden, den die sozialdemokratische Bundesinnenministerin Nancy Faeser angekündigt hat.

Die sozialen Probleme der Menschen lösen, das wäre mal sozialdemokratische Politik im großen Stil.

Aziz Bozkurt, Co-Vorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Migration und Vielfalt und Sozialstaatssekretär in Berlin

Der Co-Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Migration und Vielfalt und Sozialstaatssekretär in Berlin, Aziz Bozkurt, hatte sich schon am Montag in deutlichen Worten von Bundeskanzler Scholz distanziert. „Scholz rutschen Worte nicht einfach aus dem Mund“, schrieb er auf dem Nachrichtendienst „X“ mit Bezug auf Scholz’ Worte im „Spiegel“. Bozkurt schrieb weiter: „Die sozialen Probleme der Menschen lösen, das wäre mal sozialdemokratische Politik im großen Stil.“

Migrationsexperte Demir fordert mehr Balance in der Debatte

Ähnlich äußerte sich der Migrationsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Hakan Demir, gegenüber dem Tagesspiegel. Die Kommunen würden vor allem klagen, weil es keinen Wohnraum und zu wenige Kitaplätze gebe. „Ändert sich daran etwas, selbst wenn alle 50.000 nicht-geduldeten Ausreisepflichtigen sofort abgeschoben würden? Nein“, glaubt Demir. „Denn wir haben es hier mit langfristigen sozialen Herausforderungen zu tun.“

Demir verwies auf die Wichtigkeit funktionierender Migrationsabkommen und warnte vor einem zu einseitigen Fokus auf die Asylpolitik. „Das Thema Migration ist gerade überall sehr präsent. Aber wir haben viele große Herausforderungen, für die wir Lösungen brauchen: Inflation, soziale Ungleichheit, unzureichende Bildungschancen oder Wohnungsnot“, sagte Demir. „Diese Themen müssen wir jetzt angehen.“ Der Migrationsexperte hatte schon am Montag „mehr Balance“ in der Asyldebatte gefordert.

In der SPD-Bundestagsfraktion will man das für die Partei heikle Thema auf der nächsten Sitzung in zwei Wochen diskutieren. Dazu ist nach Tagesspiegel-Informationen von der Fraktionsführung der Migrationsforscher Gerald Knaus geladen. Eine Abrechnung mit dem Kurs der Bundesregierung wird bisher nicht erwartet. Selbst in der Parteilinken unterstützen viele in der Bundestagsfraktion den Kurs der Bundesregierung – oder halten ihn für alternativlos.

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