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Jörg Hofmann, seit dem 20. Oktober 2015 Vorsitzender der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall). „In diesem Jahr haben wir über 40 000 neue Mitglieder gewonnen.“

© Thilo Rückeis TSP

Update Exklusiv

„Die Mitarbeiter sind weniger krank“: IG-Metall Chef Hofmann plädiert für Viertagewoche

Die SPD-Chefin Esken und Gewerkschaften haben sich für eine Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich ausgesprochen. Die CDU sagt, das würde der Wirtschaft schaden.

| Update:

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Hermann Gröhe (CDU), hat die Co-Vorsitzende der SPD, Saskia Esken, für ihren Vorschlag zu einer Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich kritisiert. Eskens Vorschlag werde Deutschlands Wirtschaft schaden, so Gröhe. Der IG-Metall Chef Jörg Hofmann schlug hingegen in eine ähnliche Kerbe wie Esken.

„In Zeiten von Fachkräftemangel die Arbeitszeit zu verkürzen und die Arbeit zu verteuern, würde der Wettbewerbsfähigkeit einen Bärendienst erweisen“, sagte er dem Tagesspiegel. „Auf dem Weg wirtschaftlicher Vernunft zeigt sich die SPD-Chefin einmal mehr als Geisterfahrerin.“

„Wo die Viertagewoche gilt, steigt die Produktivität. Die Mitarbeiter sind weniger krank“, meint hingegen IG Metall Chef Hofmann in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“.

„Wer an vier Tagen für acht Stunden auf Maloche ist, der klotzt auch rein, weil die Arbeitszufriedenheit größer ist. Außerdem ist das Arbeitsmodell ein echter Vorteil im Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter“, so der Gewerkschafter. DIe IG Metall konnte in diesm Jahr einen Mitgliederzuwachs von 40.000 neuen Mitgliedern verzeichnen.

Auch das Arbeitsvolumen insgesamt könne so gesteigert werden. „Mit der Viertagewoche à 32 Stunden wären viel mehr Frauen bereit, in Vollzeit zurückzukehren, weil dieses Modell auch mit Familie funktioniert“, so Hofmann.

Würden nur 10 Prozent der Frauen in Teilzeit auf die Vier-Tage-Vollzeit gehen, würde das Arbeitsvolumen stärker steigen als durch die von der Regierung angestrebte Fachkräfteeinwanderung von 400 000 Menschen pro Jahr.

Nötig seien stattdessen „entschlossene Schritte zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft“, so Grohe. Eine solche Strategie liege auch im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und gut bezahlter, sicherer Arbeitsplätze.

Wo die Viertagewoche gilt, steigt die Produktivität. Die Mitarbeiter sind weniger krank.

IG-Metall Chef Jörg Hofmann

Auch die FDP erteilte Eskens Idee eine Absage. „Angesichts des in vielen Branchen massiven Fachkräftebedarfs ist der Vorschlag wenig verständlich“, sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Pascal Kober, dem Tagesspiegel. Die Vermutung, es würde generell bei geltender Viertagewoche produktiver gearbeitet, sei nicht richtig, weil viele Tätigkeiten, gerade im Care-Bereich, Polizei oder der medizinischen Versorgung, eine Präsenz des Arbeitnehmers erforderten.

Zudem sei „mehr als fraglich“, ob sich familiäre Bedürfnisse besser organisieren ließen, wenn in Pflege, Kitas und Schule die Zahl der möglichen Arbeitsstunden noch mehr zurückgehe. „Wo eine Viertagewoche doch vereinbart werden kann, können dies Arbeitnehmer und Arbeitgeber selbst miteinander vereinbaren, ohne auf Ratschläge aus der Politik zurückgreifen zu müssen“, meinte der FDP-Politiker.

Esken: Gerade Eltern brauchen andere Arbeitszeiten

Esken hatte sich zuvor für die Einführung einer Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich ausgesprochen. „Ich kann mir gut vorstellen, dass wir mit einer Viertagewoche gute Ergebnisse erzielen“, sagte sie den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.

Es gebe Studien, „wonach Menschen in einer auf vier Arbeitstage reduzierten Woche effektiver arbeiten, weil sie eine höhere Arbeitszufriedenheit haben“, fügte die SPD-Chefin hinzu.

Die Leute haben schon Bock auf Arbeit. Aber auf gute Arbeit, sie wollen eben auch Zeit für Familie und Freizeit. Darauf müssen wir uns einstellen.

 IG-Metall Chef Jörg Hofmann

Gerade Eltern bräuchten andere, flexiblere und geringere Arbeitszeiten, um ihre familiären Pflichten und Bedürfnisse besser organisieren zu können, argumentierte Esken. „Sicher braucht man einen Lohnausgleich“, fügte sie hinzu. Viele Menschen könnten von ihrem Lohn schon jetzt nicht leben.

Bei einer Viertagewoche bliebe „mehr Zeit, Dinge wieder selbst zu erledigen, für die man im Fünf-Tage-Stress Unterstützung braucht“, sagte Esken. „Partiell haben wir für die Organisation unseres eigenen Lebens doch keine Zeit mehr, weil wir zu viel arbeiten.“ Auch Hofmann von der IG-Metall betonte den Wert der Arbeit: „Die Leute haben schon Bock auf Arbeit. Aber auf gute Arbeit, sie wollen eben auch Zeit für Familie und Freizeit. Darauf müssen wir uns einstellen.“

Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Yasmin Fahimi, hat Vorschläge für die Einführung einer Viertagewoche begrüßt, sieht darin allerdings keine allgemeine Lösung. Dies müsse „in jeder Branche“ und „vor allem über Tarifverträge geklärt und abgesichert sein“, sagte Fahimi im am Samstag veröffentlichten „Interview der Woche“ des Deutschlandfunks. Zwar müsse die zunehmende Verdichtung der Arbeitszeit auch mit längeren Erholungsphasen einhergehen, sagte Fahimi. „Das kann man aber nicht generell beantworten.“ (AFP)

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