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Die Bundesministerin für Inneres und Heimat, Nancy Faeser (SPD).

© IMAGO/photothek/Florian Gärtner

Von Volksmusik bis Breitbandausbau: Was macht eigentlich das Heimatministerium?

Als 2018 ein Heimatministerium geschaffen wurde, war der Spott groß. Innenministerin Faeser behielt die Abteilung bewusst und setzte einen neuen Leiter ein.

Als Anfang 2018 Horst Seehofer nicht nur Minister für Inneres und Bauen, sondern auch für Heimat wurde, gab es – vor allem aus linken Kreisen – viel Spott. Jetzt komme bestimmt die Lederhosenpflicht, wurde damals gewitzelt. Doch auch in der selbst ernannten Fortschrittskoalition aus SPD, Grünen und FDP gibt es weiter den Bereich „Heimat“ im Innenministerium.

„Ich habe mich bewusst dafür entschieden, den Begriff Heimat zu behalten, weil ich ihn als einen sehr offenen und vielfältigen Begriff werte“, sagte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) in dieser Woche bei der „Zeit“. Voranzubringen gibt es viel.

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Unter Seehofer kam aus der Abteilung H, in der die Heimatpolitik organisiert ist, nach Meinung von Beobachtern eher wenig – zumindest mit Blick auf die eigentliche Gründungsidee. Das lag unter anderem daran, dass die Heimatpolitik gleich um die Integrationspolitik ergänzt wurde. Raumordnungsfragen kamen hinzu wie auch die Förderung des Ehrenamts. Das Ziel, die Interessen zurückgebliebener Ecken in Deutschland aufzugreifen und so gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen, wurde in einer ausufernden Agenda zu einem Thema unter vielen.

Unter Faeser wird die Abteilung H nun vom früheren SPD-Bundestagsabgeordneten und studierten Theologen Jörn Thießen geleitet. Im Haushalt des Bundesinnenministeriums (BMI) machte der Posten „Heimat, Gesellschaft und Verfassung“ 2021 rund 900 Millionen Euro aus. Aus dem BMI heißt es, dass sich die genauen Ausgaben für den Bereich Heimat aber nicht genau abgrenzen ließen. Heimatpolitik sei eine Querschnittsaufgabe. Die Kernziele seien die Stärkung des Zusammenhalts sowie die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse.

Der Bund der Steuerzahler sieht die Organisation des Heimatministeriums skeptisch. Gemessen an der Zahl der Referate habe sich „H“ schnell zur größten Abteilung des Ministeriums entwickelt. Derzeit bestehe sie aus 17 Referaten und einer Arbeitsgruppe. Unter Seehofer hatte die Heimatabteilung aber lediglich einen Gesetzesentwurf initiiert und sich darüber hinaus an 33 Initiativen beteiligt. „Es sollte darüber diskutiert werden, ob die entsprechenden Aufgaben nicht von einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe koordiniert werden könnten“, hieß es vom Bund der Steuerzahler.

In Bayern machte Söder als Heimatminister Politik

Gründungsvater aller Heimatministerien ist Markus Söder (CSU), der 2013 unter Ministerpräsident Horst Seehofer zum Finanzministerium noch die Extra-Sparte „Heimat“ bekam. Und der aufstrebende Söder wusste sein Amt zu nutzen – nicht nur, weil er den Dienstsitz der neuen Abteilung in seiner Heimatstadt Nürnberg ansiedelte. Beinahe täglich tauchte Söder zu Eröffnungen, Spatenstichen oder Volksfesten auf, lächelte in die Kameras und konnte sich einen Tag später über ein Foto in der Lokalzeitung freuen. „Wer jeden Tag einen Förderbescheid übergibt, ist noch lange kein Stratege“, ätzte irgendwann Seehofer, an dessen Stuhl Söder über Jahre sägte.

Auch als Ministerpräsident bemüht Markus Söder das bayerische Heimat-Gefühl.
Auch als Ministerpräsident bemüht Markus Söder das bayerische Heimat-Gefühl.

© Felix Hörhager/dpa

Dabei sind es in erster Linie die großen Themen, die im Heimatministerium vorangetrieben werden sollen. Gleichwertige Lebensverhältnisse für die ländlichen Bereiche zu schaffen, vor allem im Norden Bayerns, zählt zu den Kernaufgaben. Konkret bedeutet das Breitbandausbau, Förderprogramme für den ÖPNV und Dorferneuerungs-Projekte. Doch es ist viel Symbolik dabei. Die 100 besten Heimatwirtschaften lobt das Ministerium jährlich aus. „Wirtshäuser und Gaststätten sind ein lebendiges Symbol bayerischer Lebensart“, heißt es auf der Seite. Zudem vergibt der Freistaat jedes Jahr an zahlreiche Vereine den „Heimatpreis Bayern“. Auch in die Dialekt- und Volksmusikpflege wird kräftig Geld gesteckt.

Heino mit SS-Liedern auf dem Heimatkongress

Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es seit 2017 ein Heimatministerium. Schlagzeilen machte der NRW-Heimatkongress 2018. Eingeladen war der Schlagersänger Heino. Er brachte der Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) das Doppelalbum „Die schönsten deutschen Heimat- und Vaterlandslieder“ mit. Mehrere Titel darauf fanden sich zu Hitlers Zeiten im „Liederbuch der SS“.

Mit ihrer Bilanz war Scharrenbach trotzdem zufrieden. Mehr als 80 Millionen Euro habe man in mehr als 4700 Heimat-Projekte gesteckt, freute sie sich im vergangenen Dezember. „Die Heimatförderung ist ein echtes Erfolgsmodell“, sagte die CDU-Politikerin. Tatsächlich fördert ihr Ministerium viele lokale Projekte und Vereine, aber auch Sanierungsarbeiten an historischen Gebäuden. Meist sind es Beträge in Höhe von ein paar Tausend Euro, die vergeben werden. Dabei zeigt sich das Ministerium offensichtlich recht großzügig, gut zwei Drittel aller Anträge wurden genehmigt.

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