Politik: Weltweiter Schlag gegen Kinderpornos
Fahnder ermitteln 2360 mutmaßliche Pädophile in 77 Ländern / Mehr als 400 Verdächtige in Deutschland
Wien/Wiesbaden - Österreichischen Fahndern ist ihr möglicherweise größter Schlag gegen einen weltweiten Kinderporno-Ring gelungen. Mit Hilfe eines Wiener Internetanbieters wurden in 77 Ländern 2360 mutmaßliche Pädophile ermittelt, davon allein 406 in Deutschland, teilte der österreichische Innenminister Günther Platter mit. In den USA wird nun gegen 600, in Frankreich gegen 114 Verdächtige ermittelt.
Es handele sich um „den größten Fall von Weitergabe“ verbotener Videos, der je in Österreich aufgedeckt wurde, sagte Platter. Es seien Dateien, die „schwersten sexuellen Missbrauch von Kindern“ zeigen. Das jüngste der gefilmten Opfer war ein etwa fünf Jahre altes Mädchen. Mehrere minderjährige Mädchen und Jungen werden nach Polizeiangaben auf den Videos gequält. Nach Angaben eines Sprechers des Bundeskriminalamts (BKA) in Wiesbaden wurden in Deutschland im Zusammenhang mit den Wiener Ermittlungen bisher bereits 200 Tatverdächtigte identifiziert. Die Fälle wurden an die jeweiligen Landeskriminalämter weitergegeben. Es habe sich dabei aber um keine konzertierte Aktion gehandelt. Erst vor einem Monat hatten Fahnder in Deutschland mit Hilfe einer bisher einmaligen Auswertung von Kreditkarten-Transaktionen bundesweit 322 Pädophile ermittelt.
Der österreichische Provider hatte die Polizei im Juli 2006 informiert. Den Angaben zufolge hatten Hacker ohne das Wissen des Unternehmens auf einen Server acht Videodateien mit Kinderpornos geladen, die mit einer russischen Webseite verlinkt waren. Innerhalb von 24 Stunden gab es daraufhin mehr als 8000 Zugriffe. Die Konsumenten kauften für 89 Dollar (rund 68 Euro) ein dreimonatiges Zugriffsrecht. „Die Videos wurden vermutlich in Osteuropa hergestellt“, sagte Harald Gremel von der Meldestelle zur Bekämpfung von Kinderpornografie in Wien. Die Seite wurde vom Serverbetreiber sofort gesperrt. Die Nutzer kommen aus allen Schichten. Bei den Pädophilen handelte es sich nach den bisherigen Ermittlungen um Studenten, Schüler, Handwerker, aber auch Beamte und Rentner.
14 der 23 Verdächtigen in Österreich legten nach ihrer Festnahme sofort ein Geständnis ab. Die Polizei beschlagnahmte bei ihnen 31 PCs, sieben Laptops, 23 externe Festplatten und andere Speichermedien. Das beschlagnahmte Material mit kinderpornografischen Inhalten hat einen Umfang von insgesamt acht Terabyte. Das entspricht etwa 400 Millionen gedruckten A4-Seiten, erklärte Harald Gremel.
Der Kampf gegen Kinderpornografie hat in den vergangenen Tagen auch in der Debatte um sogenannte Online-Durchsuchungen eine Rolle gespielt. Die Befürworter einer Gesetzesänderung argumentieren, dass nur so Terroristen oder Pädophile aufgespürt werden können. Für den jetzigen Fahndungserfolg reicht allerdings in Deutschland die geltende Rechtslage. dpa/AFP/Tsp
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