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„Wenn Gesetzgeber nicht gegensteuert“: TK-Chef warnt vor Krankenkassenbeiträgen von 20 Prozent
Die Kosten für die Menschen werden ohne Reformen im Gesundheitssystem absehbar weiter deutlich steigen, sagt der Chef der größten Krankenversicherung. Baas zeigt sich wenig optimistisch.
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Zu Jahresbeginn haben viele Krankenversicherungen in Deutschland Zusatzbeiträge so stark erhöht wie seit Jahrzehnten nicht. Der Chef der größten deutschen Krankenkasse TK, Jens Baas, befürchtet, dass die Kosten für die Bürgerinnen und Bürger ohne Reformen im Gesundheitssystem absehbar massiv weiter steigen werden.
In der Legislaturperiode der nächsten Regierung könnten die Krankenkassenbeiträge auf 20 Prozent steigen, sagte Baas der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ). „Das wird in diesem Jahrzehnt noch passieren, wenn der Gesetzgeber nicht gegensteuert“, so der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse.
Die Politik will das nicht ändern, notwendige Umverteilungen oder Reformen sind eben alles andere als bequem.
Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse.
Er sei nicht optimistisch, dass es zu grundlegenden Reformen im Gesundheitssystem komme, fuhr er fort. „Die Politik will das nicht ändern, notwendige Umverteilungen oder Reformen sind eben alles andere als bequem“, sagte Baas.
Zu Jahresbeginn hat die überwiegende Zahl der 94 gesetzlichen Krankenkassen den Zusatzbeitrag kräftig auf im Schnitt 2,91 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens angehoben. Der Durchschnitt aller Kassen liegt bei rund 17,5 Prozent. Die TK verlangt 17,05 Prozent. Arbeitnehmer müssen die Hälfte aus ihrem Bruttolohn bezahlen.
Der Zusatzbeitrag kommt zum feststehenden und für alle gültigen Krankenkassenbeitragssatz von 14,6 Prozent hinzu und wurde einst eingeführt, um Wettbewerb zwischen den Kassen zu fördern. Erhöht eine Kasse den Zusatzbeitrag, haben Versicherte ein Sonderkündigungsrecht und können zu einem günstigeren Anbieter wechseln.
Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) war zuletzt davon ausgegangen, dass die Beiträge zur Krankenversicherung auch im nächsten Jahr weiter angehoben werden.

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Die Ausgaben für Krankenhäuser und Medikamente würden „praktisch ungebremst“ steigen, ohne die Versorgung der Patienten zu verbessern, kritisierte Verbandschefin Doris Pfeiffer vor kurzem. Statt die Strukturen zu reformieren, habe die Politik die Rücklagen der Krankenkassen abgeräumt. Die Folge seien höhere Beiträge.
Für Krankenhausbehandlungen gaben die Kassen der Agentur dpa zufolge im Jahr 2023 nach GKV-Daten knapp 94 Milliarden Euro aus (2019 waren es 80 Milliarden), für Medikamente 50 Milliarden (2019: 41) und für ärztliche Behandlungen 47 Milliarden (2019: 41).
Baas macht im Gespräch mit der SZ zudem deutlich, dass er nichts von der Debatte hält, ob die Lohnfortzahlung am ersten Tag der Krankmeldung gestrichen werden sollte. „Das ist eine ablenkende Diskussion“, sagte er. „Die Krankentage kommen überwiegend von Menschen, die lange krank sind, etwa durch Krebs, Rückenbeschwerden oder psychische Diagnosen.“
Gerade bei Letzteren könnten Arbeitgeber viel tun, damit es ihren Beschäftigten besser geht. „Grundsätzlich erhöht eine hohe Arbeitszufriedenheit die Anwesenheitsquote“, so Baas, der früher selbst als Arzt gearbeitet hat. (lem)
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