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„Werden in Gespräche gehen und Verhandlungen führen“: Grüne halten sich Koalition mit Union trotz Streits über AfD offen
Die Grünen haben Friedrich Merz (CDU) im Streit um die Abgrenzung zur AfD Wortbruch vorgeworfen. Sie würden aber nach der Wahl mit ihm verhandeln, um eine demokratische Mehrheit zu sichern.
Stand:
Die Grünen halten sich trotz ihres Vorwurfs des Wortbruchs an Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz die Option einer schwarz-grünen Koalition nach der Bundestagswahl am 23. Februar offen. „Friedrich Merz hat aus meiner Sicht bislang in dieser Woche gezeigt, was dafür spricht, dass er nicht Kanzler der Bundesrepublik Deutschland wird“, sagte Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge am Dienstag in Berlin.
„Und trotzdem können wir nach der Bundestagswahl in die Situation kommen, dass wir Koalitionsmehrheiten nur haben, wenn Demokraten miteinander reden.“ Das betreffe die SPD genauso wie die Grünen und die CDU. „Und da wir weiterhin wollen, dass es demokratische Mehrheiten im Deutschen Bundestag gibt, werden wir auch in Gespräche gehen und Verhandlungen führen.“
„Was sollen wir der Union eigentlich noch glauben?“
Im Streit über die Abgrenzung von der AfD in der Migrationspolitik hatte Dröge Merz zuvor einen Wortbruch vorgeworfen und seine Glaubwürdigkeit infrage gestellt. „Was sollen wir der Union eigentlich noch glauben, wenn das Wort des CDU-Parteivorsitzenden nicht einmal zwei Monate gilt?“, sagte Dröge. Sie verwies darauf, dass Merz noch am 13. November eine Verabredung mit SPD und Grünen vorgeschlagen hatte, nichts zur Abstimmung zu bringen, bei dem die AfD ausschlaggebend für die Mehrheit sein könnte.

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Merz hatte damals laut Sitzungsprotokoll des Bundestages vorgeschlagen, „dass wir nur die Entscheidungen auf die Tagesordnung des Plenums setzen, über die wir uns zuvor mit Ihnen von der SPD und den Grünen in der Sache geeinigt haben, sodass weder bei der Bestimmung der Tagesordnung noch bei den Abstimmungen in der Sache hier im Haus auch nur ein einziges Mal eine zufällige oder tatsächlich herbeigeführte Mehrheit mit denen da von der AfD zustande kommt“.
Trotz dieser Vereinbarung will die Union in dieser Woche zwei Anträge und ein Gesetz zur Migrationspolitik im Bundestag in Abstimmungen bringen, für die es Mehrheiten nach Stand der Dinge nur mithilfe der AfD-Fraktion geben kann. SPD und Grüne wollen nicht zustimmen.
Sie wollen stattdessen laut Dröge noch die Umsetzung der europäischen Asylreform (GEAS) und Teile des Sicherheitspakets im Bundestag beraten, die im Bundesrat an der Ablehnung unionsgeführter Länder gescheitert waren. SPD und Grüne wollen die Vorhaben aber nur zur finalen Abstimmung im Bundestag bringen, wenn vorher eine Verständigung mit der Union gelänge. Diese ist derzeit nicht in Sicht.
Kretschmann: Unionskandidat Merz begibt sich aufs Glatteis
Mit seinen Plänen für eine schärfere Asylpolitik auf eigene Faust geht Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz aus Sicht des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) ein enormes Risiko ein. „Mit seiner Agenda jetzt begibt er sich einfach auf Glatteis“, sagte der Regierungschef in Stuttgart. „Denn wenn ich etwas billigend in Kauf nehme, kann das zu Kollateralschäden führen.“
Politik ist keine Geradeausmarschiererei. Das ist ein fataler Irrtum.
Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident von Baden-Württemberg
Kretschmann kritisiert die mangelnde Diskussionsbereitschaft der Union und ihres Parteichefs im Vorfeld des Antrags. „Friss oder stirbt, kann in einer parlamentarischen Demokratie nicht wirken“, sagte Kretschmann.
Gute Kompromisse setzten immer auch eine Kompromissfähigkeit der Parteien voraus. In einer solch schwierigen Situation müssten Parteien der demokratischen Mitte verhandeln. „Das wird nicht so gehen, dass eine Seite sich zu 100 Prozent durchsetzen wird“, sagte Kretschmann. „Politik ist keine Geradeausmarschiererei. Das ist ein fataler Irrtum.“
Der Grünen-Politiker hatte in den vergangenen Monaten allerdings selber wiederholt einen anderen Kurs als seine Bundespartei vertreten, eine schärfere Migrationspolitik gefordert und unter anderem eine Begrenzung der illegalen Zuwanderung als „angemessen“ bezeichnet. (Reuters/dpa)
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