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„Wie mit jeder anderen Partei auch“: Spahn fordert anderen Umgang mit der AfD – scharfe Kritik von Grünen
Die Politik müsse auch anerkennen, „wie viele Millionen Deutsche die AfD gewählt haben“, sagte der Unionsfraktionsvize. Gleichzeitig solle man sich nicht von den Rechten provozieren lassen.
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Die AfD ist zweitstärkste Kraft im neuen Parlament. In ersten Umfragen nach der Bundestagswahl erzielt die in Teilen als gesichert rechtsextremistisch geltende Partei Rekordwerte wie im aktuellen Politbarometer, liegt teilweise sogar gleichauf mit der Union. Deren Fraktionsvize Jens Spahn fordert nun eine Veränderung im Umgang der Bundestagsparteien mit der AfD.
„Ich bin sehr für die harte Auseinandersetzung in der Sache, für die harte Auseinandersetzung im Umgang“, sagte Spahn am Sonntag im ZDF. „Ich glaube nur nicht, dass Geschäftsordnungstricks ... uns am Ende helfen“, mahnte er aber zugleich. Die AfD könne sich dann in eine „Opferrolle“ hineinbegeben. Die AfD-Umfragewerte könne man am besten schrumpfen, wenn man für eine „harte Auseinandersetzung und eine bessere Politik“ und etwas schnelle Reformen in der Migrationspolitik sorge.
Spahn hatte bereits am Samstag in der „Bild“ gesagt, dass er empfehle, mit der AfD bei Verfahren und Abläufen im Bundestag so umzugehen wie mit den anderen Oppositionsparteien Grüne und Linke. Die Politik müsse „auch einfach anerkennen“, „wie viele Millionen Deutsche die AfD gewählt haben“.
Ich empfehle uns, da die richtige Mischung zu finden, sich nicht provozieren zu lassen, über jedes Stöckchen zu springen, das da hingehalten wird.
Jens Spahn, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
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Ein möglicher Erfolg der AfD bei Landtagswahlen in ostdeutschen Bundesländern im kommenden Jahr sporne ihn an, sagte Spahn zu „Bild“. Die Politik müsse noch vor der Sommerpause Ergebnisse liefern. Das gelte „gerade für die illegale Migration – sie zu beenden“, so Spahn. Das bedeute, „es geht nicht einfach weiter über die Grenze.“
Wenn Jens Spahn jetzt Lockerungsübungen empfiehlt, verheißt das nichts Gutes.
Irene Mihalic, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, kritisierte die jüngsten Äußerungen Spahns „Wenn Jens Spahn jetzt Lockerungsübungen empfiehlt, verheißt das nichts Gutes“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
„Die Union ist gefordert, ihr Verhältnis zur AfD unmissverständlich zu klären. Unser Land braucht eine konservative Partei, die sich von der extremen Rechten abgrenzt und eine klare Haltelinie formuliert, anstatt ihr hinterherzulaufen und diese Linie immer weiter nach rechts zu verschieben.“
Mihalic fügte hinzu: „Die AfD ist keine Oppositionspartei wie jede andere. Sie ist eine mindestens in Teilen rechtsextreme Partei, in der auch Abgeordnete und deren Mitarbeitende vitale Kontakte in die gewaltbereite rechtsextreme Szene pflegen oder im Verdacht stehen, für fremde autokratische Mächte zu spionieren oder zumindest Bezüge dazu haben.“ All das sei hinlänglich bekannt.
„Deshalb kann es mit der AfD nur einen Umgang geben: Alle Demokraten sind gefordert, die parlamentarische Demokratie und ihre Institutionen vor extremistischen und autokratischen Einflüssen zu schützen.“
Auch der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh widersprach Spahn. „Wer Rechtsextremisten wie die AfD gleichstellt mit der demokratischen Opposition, relativiert die Gefahr für Gesellschaft und Demokratie als auch die schmerzhaften Lehren aus unserer Vergangenheit“, sagte er dem rbb.
Spahn fordert Sparanstrengungen von Union und SPD
Spahn mahnte in dem Interview zudem Sparanstrengungen der voraussichtlichen schwarz-roten Regierungskoalition an. „Wir müssen noch sehr, sehr stark konsolidieren. Und wir müssen uns auch die Freiräume erarbeiten für die Reformen, die wir vorhaben“, sagte er.
Das beschlossene Schuldenpaket für Verteidigung und Infrastruktur bedeute nicht, es sei „Geld für alles da – im Gegenteil“. Spahn weiter: „Die fetten Jahre sind vorbei, für den Staat selbst.“ Spahn verwies auf bereits vereinbarte Reformen: „Wir werden die Bundesverwaltung um acht Prozent herunterfahren, bei den Stellen jedes Jahr zwei Prozent der Stellen runter. Wir werden auch die Zahl der Beauftragten halbieren.“
Bundestag und Bundesrat hatten Mitte März eine Grundgesetzänderung für eine Lockerung der Schuldenbremse und für ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen beschlossen.
Spahn sagte, für die im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vereinbarten Maßnahmen gelte, alles sei unter Finanzierungsvorbehalt, was nicht unter die ersten priorisierten Maßnahmen falle. „Wir müssen auch jede Ausgabe auf ihre Sinnhaftigkeit überprüfen.“
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