
© Imago Images/Sven Simon/Frank Hoermann
„Sofort Entscheidungen“: Dobrindt kündigt rasche Maßnahmen gegen illegale Migration an – Polizei skeptisch
Dem designierten Innenminister geht das beschlossene europäische Asylsystem zu langsam. Der CSU-Politiker will die deutschen Grenzen schärfer kontrollieren lassen – direkt nach Amtsübernahme.
Stand:
Im Wahlkampf hatte die Union eine Wende in der Migrationspolitik versprochen. Der wohl künftige neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte unter anderem angekündigt, „vom ersten Tag“ an verschärfte Grenzkontrollen durchführen lassen zu wollen. Der designierte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte nun zum Kampf illegale Migration: „Es wird sofort Entscheidungen geben.“
„An meiner Entschlossenheit gibt es keinen Zweifel.“ Es würden „keine Grenzen geschlossen, aber sie werden stärker kontrolliert“, sagte der frühere Bundesverkehrsminister und CSU-Generalsekretär der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“).
Der Unterschied zur letzten Groko ist: Es gibt dafür mehr Unterstützung aus dem Kanzleramt.
Alexander Dobrindt, designierter Bundesinnenminister (CSU)
Weiter sagte Dobrindt, er sei bereits vor seiner Amtsübernahme aktiv geworden, um nach seiner Ernennung rasch handeln zu können. „Unser Ziel ist es, auch europäisch mehr zu erreichen. Ich führe dazu bereits Gespräche mit europäischen Partnern.“
Insbesondere äußerte Dobrindt den Willen, das europäische Asylsystem über das bereits beschlossene Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) hinaus zu reformieren. „GEAS geht in die richtige Richtung, ist aber zu langsam“, sagte Dobrindt. „Wir wollen zusätzlich etwas erreichen.“
Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD vereinbart: „Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.“
Zwischen Union und SPD ungeklärt ist aber, ob „in Abstimmung“ bedeutet, eine Zustimmung der Nachbarn einzuholen oder sie lediglich zu konsultieren. Die polnische Botschaft in Berlin hat sich aber bereits skeptisch über eine Verschärfung der deutschen Grenzkontrollen geäußert.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Der CSU-Politiker hofft, mit einem Umsteuern an der Grenze angesichts der guten Wahlergebnisse und aktuell noch höheren Umfragewerte für die AfD die gesellschaftliche Spaltung zu überwinden. Die „starke Polarisierung“ in Deutschland lasse sich nur verringern, wenn es der neuen Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD unter Kanzler Merz gelinge, „die illegale Migration in den Griff (zu) kriegen“, sagte Dobrindt.
Hierfür seien die Voraussetzungen besser als bei der bislang letzten schwarz-roten Koalition von 2018 bis 2021 unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Der Unterschied zur letzten Groko ist: Es gibt dafür mehr Unterstützung aus dem Kanzleramt“, sagte Dobrindt.
Der designierte Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) kündigte an, dass die neue Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD zusätzliche Bundespolizisten an die deutschen Außengrenzen schicken will.
„Wir werden die Grenzkontrollen intensivieren und diejenigen zurückweisen, die kein Recht auf Einreise nach Deutschland haben“, sagte der CDU-Politiker, der als enger Vertrauter von Merz gilt, dem „Spiegel“. Die Verstärkung der Bundespolizei an den Grenzen sei „ein wesentlicher Punkt. Er wirkt kurzfristig“.
Polizei sieht Bedarf von 20.000 weiteren Stellen
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht Pläne kritisch. „Flächendeckende Kontrollen und Zurückweisungen an den deutschen Grenzen halten wir derzeit für nicht realistisch umsetzbar“, sagte GdP-Chef Jochen Kopelke der „SZ“.
Eine effektive Kontrolle an der gesamten Grenze setze erhebliche personelle Ressourcen voraus. „Aus unserer Sicht ist die unbefristete Fortsetzung der Grenzkontrollen nur dann verantwortungsvoll durchführbar, wenn der Bundespolizei die dafür erforderlichen zusätzlichen personellen und finanziellen Mittel dauerhaft zur Verfügung gestellt werden“, sagte Kopelke.
Die Polizei in Deutschland müsste nach seinen Worten mindestens 20.000 Stellen mehr bekommen, um alle Aufgaben zufriedenstellend und ohne personelle Überbeanspruchung zu erfüllen.
Kopelke weiter: „Der Großteil davon wäre auch wegen der Grenzsicherung bei der Bundespolizei nötig.“ Darüber hinaus sei fraglich, wie Zurückweisungen in der Praxis rechtssicher und im Einklang mit nationalem sowie europäischem Recht umgesetzt werden können. (lem)
- AfD
- Alexander Dobrindt
- Angela Merkel
- Bundesregierung
- CDU
- CSU
- Friedrich Merz
- Migration
- Patrick Schnieder
- SPD
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: