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Regierungssprecher Steffen Hebestreit ist zugleich Chef des Bundespresseamts.

© Foto: dpa/Kay Nietfeld

Wortprotokoll auf „bundesregierung.de“: Regierung setzt Kommentar unter Abbas' Holocaust-Vergleich – mit Verspätung

Eine knappe Woche hat das Bundespresseamt die nach Einschätzung des Kanzlers unsäglichen Äußerungen ohne Widerspruch verbreitet. Jetzt wird er nachgeholt

Sechs Tages nach der kommentarlosen Veröffentlichung des Holocaust-Vergleichs von Mahmud Abbas im Wortlaut auf den offiziellen Internetseiten „bundesregierung.de“ hat die Regierung eine Distanzierung gegenüber den Äußerungen des Palästinenserpräsidenten angefügt. In dem „Hinweis“ am Ende des Wortprotokolls wird seit Montag ein Zitat von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wiedergegeben, wonach dieser über Abbas‘ zuvor getroffene „unsägliche Aussagen“ empört sei. „Gerade für uns Deutsche ist jegliche Relativierung des Holocaust unerträglich und inakzeptabel“, heißt es weiter.

Dass die Distanzierung erst mit einigen Tagen Verzögerung erfolgte, geht aus dem „Hinweis“ nicht hervor. Es wird durch eine Datumsangabe im Gegenteil der Eindruck erweckt, der „Hinweis“ sei schon am 16. August veröffentlicht worden.

Der Regierungssprecher nahm die Schuld auf sich

Wie berichtet, hatte Abbas hatte bei einer Pressekonferenz im Kanzleramt am Dienstag vergangener Woche israelische Angriffe auf palästinensische Siedlungen mit dem Holocaust verglichen. Wörtlich sprach er von „50 Massakern, 50 Holocausts.“ Scholz und Regierungssprecher Steffen Hebestreit wurde vorgeworfen, Abbas nicht unmittelbar widersprochen zu haben. Hebestreit, der auch Chef des für den Auftritt „bundesregierung.de“ verantwortlichen Bundespresseamts ist, nahm die Schuld auf sich und sprach davon, nicht schnell und aufmerksam genug gewesen zu sein.

Routinemäßig gelangte das Protokoll auf die offiziellen Internetseiten

Tatsächlich gelangte das Wortprotokoll trotz dieser Einsicht noch am Abend der Pressekonferenz routinemäßig auf die amtlichen Internetseiten und blieb dort unkommentiert stehen, während Scholz und Hebestreit den Worten von Abbas auf Twitter und gegenüber Journalisten vielfältig entgegentraten. Damit verbreitete die Regierung die Holocaust-Relativierung, die sie zugleich für unsäglich hielt. Erst nach einer Berichterstattung im Tagesspiegel wurde der „Hinweis“ ergänzt.

Ein weiteres Versäumnis sieht die Bundesregierung einer Sprecherin zufolge darin offenbar nicht: Die gegenüber Abbas kritischen Stellungnahmen der Regierung seien auf vielen amtlichen Kanälen und „durch sehr viele Medien weiträumig veröffentlicht“ worden.   

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