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Jung

© dpa

Innere Sicherheit: Zur Lage

Die Opposition fordert nach den Äußerungen von Verteidigungsminister Jung und Innenminister Schäuble jetzt Auskunft über die Sicherheitslage in Deutschland.

Berlin - Der Bundestag wird sich diese Woche aller Voraussicht nach mit den Äußerungen von Innenminister Wolfgang Schäuble zur Gefahr einer schmutzigen Bombe und Verteidigungsminister Franz Josef Jung zum potenziellen Abschuss eines von Terroristen entführten Passagierflugzeugs beschäftigen.

FDP-Chef Guido Westerwelle verlangte am Montag eine Regierungserklärung über die aktuelle Terrorgefahr in Deutschland. Entweder habe Schäuble tatsächlich Erkenntnisse über Nuklearmaterial in Händen von Terroristen oder spreche ins Blaue hinein, kritisierte Westerwelle. Um in jedem Fall eine Debatte sicherzustellen, beantragte die FDP ebenso wie die Grünen eine Aktuelle Stunde im Parlament. Ein Sprecher Schäubles versicherte am Montag, das Ministerium habe bislang „keinen einzigen konkreten Hinweis“ darauf, dass Terroristen über Nuklearmaterial verfügen.

Nach dem Vorstoß von Verteidigungsminister Jung fordern die Grünen dessen Ablösung. Jungs Verhalten sei nicht mit der „Verpflichtung eines Bundesministers in Einklang zu bringen, die Verfassung zu schützen, und deswegen gehört dieser Verteidigungsminister weg“, sagte Grünen-Chef Reinhard Bütikofer.

Auch beim Koalitionspartner riss die Kritik an Schäuble und Jung nicht ab. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) sagte mit Blick auf Jung, es gebe eine „Verfassungsgerichtsentscheidung, die uns solcher Diskussionen völlig enthebt“. Mit Blick auf Schäubles Aussage, viele Fachleute rechneten mit einem Anschlag mit Nuklearmaterial sagte sie: „Nach meiner Kenntnis der Sicherheitslage ist das nicht so.“ Die SPD-Spitze rief Jung und Schäuble dazu auf, zu einer seriösen Politik zurückzukehren. Wenn der Innenminister Erkenntnisse über einen atomaren terroristischen Anschlag habe, sagte Generalsekretär Hubertus Heil, müsse er handeln. Zugleich warf er Schäuble vor, das BKA-Gesetz und damit sinnvolle Maßnahmen zum Schutz vor Terrorismus zu blockieren.

Die CDU-Spitze nahm Jung und Schäuble vor den Angriffen in Schutz. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte, die „hysterischen Reaktionen“ auf die Interview-Äußerungen beider Minister seien verantwortungslos gemessen an den Bedrohungen in Deutschland. Auch Regierungssprecher Ulrich Wilhelm gab Jung Rückendeckung. Die Koalition habe sich in der von Jung angesprochenen Frage aber noch nicht verständigt.

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, hält den von Jung avisierten Abschuss für verfassungswidrig. Paragraf 35, Absatz 2 des Grundgesetzes verbiete den Einsatz von militärischen Mitteln im Rahmen der Amtshilfe, also auch den Einsatz von Abfangjägern, die für den Abschuss einer Passagiermaschine zuständig wären. Die Bundeswehr-Piloten kämen ohne eine Verfassungsänderung in Teufels Küche , sagte Gertz dem Tagesspiegel. „Ich rate ihnen, einen Abschuss-Befehl nicht auszuführen egal wer diesen Befehl erteilt hat.“ Laut Soldatengesetz dürften Anordnungen, die eine Straftat beinhalteten, nicht umgesetzt werden. Der Jetpiloten-Verband innerhalb der Bundeswehr kritisierte Jung ebenfalls und empfiehlt den Piloten in einem solchen Fall „dem Befehl des Ministers nicht zu folgen“. Nach Einschätzung des Verteidigungsministeriums jedoch dürften Bundeswehrpiloten einen Abschussbefehl trotz unklarer Rechtslage nicht verweigern.

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