
© IMAGO/aal.photo
Zweifel an Verfassungstreue: Bayern schließt Klimaaktivistin vom Lehramt aus
Eine der führenden Aktivistinnen der Klimaschutzbewegung in Bayern darf ihr Referendariat nicht antreten. Das Münchner Kultusministerium hält ihren Aktivismus für nicht mit der Verfassung vereinbar.
Stand:
Das bayerische Kultusministerium hat die Klimaaktivistin Lisa Poettinger endgültig vom Referendariat zum Lehrerberuf ausgeschlossen. Das bestätigte ein Sprecher des Ministeriums dem Tagesspiegel.
In einer schriftlichen Stellungnahme betonte das Ministerium, dass die Nichtzulassung „nicht auf ihrem Einsatz für den Klimaschutz gründet“. Im Fokus stünden vielmehr „die Mitgliedschaft in und das Engagement für eine linksextremistische Gruppierung, gegenwärtig laufende strafrechtliche Ermittlungsverfahren sowie das öffentliche Billigen von Straftaten“.
Die 28-jährige Poettinger ist eine der bekanntesten Klimaaktivistinnen im Freistaat. Sie hat in der Vergangenheit an einer Vielzahl von Protesten und Demonstrationen teilgenommen, unter anderem gegen den Braunkohleabbau in Lützerath und die Automobilmesse IAA in München.
Sie ist Mitglied des „Offenen Antikapitalistischen Klimatreffens München“, das vom bayerischen Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft wird. Gegen Poettinger laufen mehrere Ermittlungsverfahren unter anderem wegen eines Angriffs auf Vollstreckungsbeamte.
Poettinger spricht von „Berufsverbot“
In der Stellungnahme schrieb das Ministerium, „Lehrkräfte haben wie kaum eine andere Berufsgruppe Einfluss auf junge Menschen und ihre Entwicklung“. Der Freistaat Bayern habe „daher sicherzustellen, dass sich Personen, die in den Staatsdienst aufgenommen werden, durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes (FDGO) bekennen“.
Mehr Politik sehen Sie hier
Offensichtlich gibt es genau daran Zweifel. In dem Schreiben, mit dem das Ministerium Poettinger am 10. Februar die Entscheidung mitteilte und das von ihr auszugsweise auf X veröffentlicht wurde, heißt es, dass „ein Eintreten für den Klassenkampf“ nicht vereinbar sei mit dem „Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung“.
Nach Auffassung des Verfassungsschutzes sei außerdem im linksextremistischen Sprachgebrauch die Aufforderung zum Klassenkampf „Synonym für die Forderung nach Abschaffung des Kapitalismus, womit (...) die Abschaffung der Demokratie verbunden ist“.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Poettinger selbst schrieb in ihrem Beitrag bei X, es handele sich um ein „Berufsverbot“. Tatsächlich dürfte es für sie nun sehr schwer werden, im Lehrerberuf Fuß zu fassen. Ohne ein abgeschlossenes Referendariat ist es in Bayern nur in Einzelfällen möglich, an Schulen zu unterrichten.
Sie nannte die Entscheidung in einer Pressemitteilung einen „gravierenden Angriff auf die Grundrechte der Ausbildungs- und der Meinungsfreiheit”. „Wer sich in seiner Freizeit für Klimaschutz und Demokratie engagiert und dabei auch noch Begriffe verwendet, die der Staatsregierung nicht gefallen, kann in Bayern für charakterlich ungeeignet erklärt werden, Kindern Englisch beizubringen“, teilte sie mit.
Poettingers Anwältin, die ehemalige Landesvorsitzende der Linkspartei in Bayern, Adelheid Rupp, betonte: Die Staatsregierung verstoße gegen das Grundrecht auf freie Berufswahl. „Wir werden gegen diese Entscheidung, die verfassungswidrig ist und die Meinungsfreiheit meiner Mandantin krass verletzt, gerichtlich vorgehen.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: