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Ist gefragt: Senator Frank Henkel hat einiges zu erklären.

© dpa

Brandenburg: 126 Fragen zum V-Mann

In Berlin will die Opposition in der Affäre um die rechtsextremen Terroristen von der NSU Antworten von Innensenator Frank Henkel

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Berlin - Viele Fragen, vielleicht mehr als ihm lieb sind, haben Frank Henkel (CDU) erreicht: Zwei detaillierte Fragenkataloge zu Aktionen, Kontaktpersonen und Akten rund um den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) wurden an Berlins Innensenator geschickt. Nachdem es in den vergangenen Wochen in der Affäre um die rechtsextremen Terroristen von der NSU im Berliner Abgeordnetenhaus etwas unsortiert herging, hat sich die Opposition konzentriert an die Arbeit gemacht. Die Grünen haben Henkel eine Liste mit 83 Fragen zukommen lassen, die Linke mit immerhin 43. Die Fragen drehen sich um alles, was die Berliner Behörden je mit dem NSU-Trio zu tun und von ihm gehört haben könnten.

Bis zur nächsten Sitzung des Innenausschusses am 18. Oktober fordern die Grünen von Henkel alle NSU-relevanten Unterlagen und erste Antworten auf ihre Fragen. An den Senator schrieben Clara Herrmann, Rechtsextremismus-Expertin der Grünen-Fraktion, und Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher: „Für eine Vereinbarung, in welchem Zeitraum die anderen Fragen beantwortet werden können und welcher Vertraulichkeitsgrad hinsichtlich aller Sachverhalte besteht, sind wir jederzeit erreichbar.“

Hintergrund ist, dass aus dem rot-schwarzen Senat zuletzt Vorwürfe laut wurden, die Opposition verrate womöglich Interna, die der Geheimhaltung unterlägen – etwa zu V-Männern in der Neonazi-Szene.

Dem Vorwurf des Geheimnisverrates will sich auch die Linke nicht aussetzen. Sie hat 47 öffentliche Fragen an Henkel geschickt, weitere Fragen würden vertraulich gestellt, sagte Fraktionschef Udo Wolf. Henkel war in die Kritik geraten, weil er schon im März dieses Jahres vom V-Mann aus dem NSU-Umfeld erfahren hatte. Henkel hatte die Informationen aber weder an den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages noch an das Abgeordnetenhaus weitergegeben.

Der sächsische Neonazi Thomas S. war von 2001 bis 2011 für das Berliner Landeskriminalamt aktiv. Grüne und Linke wollen von Henkel vor allem wissen, welche Beamte auf welcher Rechtsgrundlage mit welchen Ergebnissen welche V-Männer geführt haben. Zentral ist auch die Frage, ob Hinweise auf die drei gesuchten NSU-Terroristen an andere Dienststellen weitergegeben worden sind.

Die Innenexperten der zwei Oppositionsfraktionen sind sich einig, dass die bislang vorgelegten Akten wenig über die jahrelangen Vorgängen erklären – zumal sie offenbar auch noch durcheinander sind: Als hätten die Berliner Behörden nicht schon genug Ärger, tauchen in den rund 450 Seiten des Landeskriminalamtes zum NSU-Komplex rund 25 Seiten zu einem anderen Thema auf. Ein V-Mann – etwa Thomas S.? – schildert darin die Einreise eines Iraners, der 1992 am „Mykonos“-Attentat beteiligt gewesen sein soll. Damals waren im gleichnamigen Berliner Restaurant vier kurdische Exilpolitiker erschossen worden. Thomas S. aus Sachsen erspäht Jahre später in Berlin einen iranischen Verdächtigen, den außer ein paar Spezialisten niemand kennen dürfte? Die Angaben stammen wahrscheinlich von einem anderen V-Mann, sagen Kenner, dessen Nummer mit der des Neonazi-Spitzels verwechselt wurde.Hannes Heine

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