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Brandenburg: 15-Jährige sagte nicht die Wahrheit

Massenvergewaltigung gab es laut Polizei nicht / Aussage bleibt unter Verschluss

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Berlin - Die Berliner Polizei hat am Dienstag mehrere Stunden lang das 15-jährige Mädchen vernommen, das angegeben hatte, am Samstag mehrfach im Kleistpark vergewaltigt worden zu sein. Ein Ergebnis der Vernehmung wurde nicht bekannt – aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes des Mädchens. Die Staatsanwaltschaft teilte am Abend lediglich knapp mit: „Nach derzeitigem Ermittlungsstand hat sich der Sachverhalt so, wie zunächst vom Mädchen berichtet, nicht zugetragen.“

Damit scheinen sich die am Montag bekannt gewordenen Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage der 15-Jährigen bestätigt zu haben. Eine Mehrfachvergewaltigung durch „vier bis fünf Südländer“ gab es nicht, hieß es bei der Polizei. Wie berichtet, hatten die Ärzte im Krankenhaus keine Spuren gefunden, die auf eine Vergewaltigung der 15-Jährigen hinwiesen.

Die Schilderung der 15-Jährigen war von den ersten Beamten, die die Jugendliche noch am Tatort befragt hatten, als „glaubhaft“ eingestuft worden. Das Mädchen hatte „völlig aufgelöst“ gewirkt, hatte weinend und mit zerrissener Strumpfhose zwei Spaziergänger um Hilfe gebeten. Doch bald kamen die ersten Zweifel an der Schilderung auf. Rätselhaft erschien den Ermittlern beispielsweise, dass sich das Mädchen angeblich eine volle Stunde in dem winterlichen Park aufgehalten hatte. Außerdem meldete sich kein einziger Zeuge, dem zur fraglichen Zeit in dem sonst gut besuchten Park etwas aufgefallen war.

Die Kripo wertet derzeit die Videoaufzeichnungen aus, die die Justizbehörden zur Verfügung gestellt haben. Denn am Eingang des Parkes steht das mit zahlreichen Kameras überwachte Kammergericht. Das Mädchen hatte gegen 21.45 Uhr eine Familienangehörige verlassen, die in der Elßholzstraße wohnt. Diese grenzt direkt an den Park. Derzeit gehen die Ermittler weiter davon aus, dass „irgendetwas in dem Park mit dem Mädchen passiert ist“. Weshalb es nicht die Wahrheit gesagt hat, bleibt bislang reine Spekulation. Der Fall hat auch in der Polizei Ärger verursacht. Dass die Behörde den Fall sofort – nämlich am nächsten Tag – per Pressemeldung veröffentlichte, widerspricht dem langjährigen Vorgehen. Tatsächlich meldet die Polizei Sexualdelikte höchst selten, Ausnahmen werden nur gemacht, wenn – zumeist Wochen nach der Tat – ein Phantombild über die Medien verbreitet werden soll.

Der Fall aus dem Kleistpark erinnert an einen im Jahr 2006. Damals wurden im Mai vier Jugendliche (13 bis 15 Jahre alt) in ihrer Schule festgenommen, weil sie eine 16-Jährige in einem Charlottenburger Park nacheinander vergewaltigt und die Tat gefilmt haben sollen. So hatte das Mädchen es der Polizei berichtet. Die Polizei hatte damals die vier Beschuldigten in der großen Pause von einer Gruppe uniformierter Beamter festnehmen lassen. Der damalige Schulsenator Klaus Böger forderte eine „harte Strafe“ für die Täter. Doch Wochen später kam heraus: Das Mädchen hatte freiwillig Sex mit den Jungen, dies war auf den Videoaufnahmen zu erkennen. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein. Damals hatte die Polizei den Fall erst nach vier Tagen veröffentlicht. Da waren die vier Jungen bereits festgenommen. Jörn Hasselmann

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