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Brandenburg: Akademiker fordern faire Jobs

Debatte zur Novelle des Hochschulgesetzes

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Potsdam - Für bessere Arbeitsbedingungen an den Brandenburger Hochschulen haben am Mittwoch rund 50 wissenschaftliche Mitarbeiter und Lehrbeauftragte vor dem Landtag demonstriert. Hintergrund ist der Entwurf zur Novelle des Landeshochschulgesetzes, zu dem eine Anhörung im Wissenschaftsausschuss des Landtages stattfand. Sahra Damus von der Landesarbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen Beschäftigten und Lehrbeauftragten in Brandenburg (LAG WLB) sagte, dass die entsprechenden Regelungen in dem Entwurf nicht ausreichend seien. Der Verband fordert längere Mindestvertragslaufzeiten für akademische Mitarbeiter und adäquate Maßnahmen gegen den Missbrauch von Lehrbeauftragten.

Für die wissenschaftlichen Mitarbeiter sei es wichtig, das Stellen wenigstens auf die Dauer der Projekte befristet würden, so Damus. Bei den Lehrbeauftragten bestehe das Problem, dass die Hochschulen sie aufgrund ihrer Finanznot anstatt von Vollzeitstellen nutzen würden. Der Entwurf des Hochschulgesetzes sieht daher eine zeitliche Beschränkung für die Honorarkräfte vor. Daran gibt es von verschiedenen Seiten Kritik. Die Begrenzung sei kontraproduktiv, so würden Mitarbeiter aus der Wissenschaft verdrängt, hatte die Brandenburgische Landesrektorenkonferenz (BLRK) festgestellt. Auch die Universität Potsdam hält nichts von der neuen Klausel. Dadurch würden dem Land Wissenschaftler verloren gehen, weil es in Berlin keine Beschränkungen gebe. Sollte keine Änderung der Regelung möglich sein, wäre es besser, bei der bisherigen Gesetzeslage zu bleiben, so der Vizepräsident der Uni Potsdam, Andreas Musil.

Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (parteilos) erwartet indes, dass die geplante Regelung die Zweckentfremdung von Lehrbeauftragten für wissenschaftliche Pflichtaufgaben eindämmen werde. Für sie haben Lehrbeauftragte ohnehin nur einen ergänzenden Charakter, die Honorarjobs seien als zusätzliche Aufgaben gedacht, nicht als feste Stellen. Die wissenschaftspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion, Marie Luise von Halem, hingegen schloss sich der Kritik der Wissenschaftler an. „Wir benötigen mehr unbefristete Verträge, gesetzliche Vorgaben für Mindestvertragslaufzeiten und eine angemessene Vergütung für Lehrbeauftragte“, sagte sie. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse hätten in den vergangenen Jahren an den Hochschulen des Landes stark zugenommen.

Die Universität Potsdam hat an dem aktuellen Gesetzesentwurf noch weitere Kritikpunkte. Der Entwurf enthalte Regelungen, die die Universität vor schwer zu bewältigende Aufgaben stelle, sagte der Vizepräsident Andreas Musil am Mittwoch in der Anhörung des Wissenschaftsausschusses des Landtages. Der Gesetzesentwurf beschränke sich im Wesentlichen auf die Umsetzung der Beschlüsse der Kultusminister-Konferenz zur Erleichterung des Hochschulzugangs, ohne die hierdurch entstehenden erheblichen Mehrkosten transparent zu machen, so Musil. „Dieser Gesetzesentwurf eröffnet zudem keinerlei Alternativen zur verpflichtenden und durch Doppelstrukturen unnötige Mehrkosten verursachenden Einführung von hauptamtlichen Berufungsbeauftragten“, sagte Musil in dem Landtagsausschuss. „Mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf drohen der Universität Potsdam erhebliche Wettbewerbsnachteile insbesondere mit Blick auf die Berliner Hochschulen“, sagte Musil. Insbesondere die Neuregelung des Lehrbeauftragtenwesens und die verpasste Harmonisierung des Übergangs zum Masterstudium durch die Möglichkeit einer vorläufigen Immatrikulation würden sich als hinderlich erweisen, so Musil. Kritisch bewertete der Vizepräsident für Studium und Lehre in seinen Ausführungen die Streichung der so genannten Experimentierklausel zur Einführung von Eignungsfeststellungsprüfungen. Diese hätten sich in der Vergangenheit als probates Mittel erwiesen, um die Zahl der Studienabbrüche zu reduzieren.
Die Uni hatte nach eigenen Angaben im Vorfeld der Beratungen zur Brandenburgischen Hochschulnovelle mehrfach Stellung genommen und teilweise eigene Regelungsvorschläge unterbreitet, die zu den vorgenannten und weiteren Punkten unberücksichtigt blieben.

„Wir brauchen mehr Stellen, mehr Geld und bessere Rahmenbedingungen“, brachte der Präsident der Fachhochschule Potsdam, Eckehard Binas, die Probleme der brandenburgischen Hochschulen auf den Punkt. Der Gesetzesentwurf enthalte zwar zahlreiche Fortschritte. Doch für deren Umsetzung würde allein die Potsdamer FH jährlich bis zu 370 000 Euro mehr brauchen. Daniel Sittler von der Brandenburgischen Studierendenvertretung (Brandstuve) äußerte sich indes mit Maximalforderungen: Die Studenten wollen unter anderem einen freien Masterzugang für alle, die Abschaffung der Zwangsexmatrikulation, eine Zivilklausel gegen Militärforschung, ein Teilzeitstudium, Gebührenfreiheit und mehr studentische Mitbestimmung. Der Gesetzentwurf wird nun weiter überarbeitet, bis zum Frühjahr soll eine Beschlussfassung vorliegen. Jan Kixmüller

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