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Alkohol und Tabak seien in Brandenburg die drängendsten Suchtprobleme, meint die Landesregierung.

© dpa

Brandenburgs Suchthelfer in Finanznot: Alkohol, Drogen und Computer

Das Land Brandenburg streicht Gelder für den Aufbau von Beratungsstellen. Suchtberater fordern mehr Geld für präventive Angebote. Doch die Finanzen sind nicht das einzige Problem.

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Potsdam - Die mehr als 30 Beratungsstellen für Eltern suchtkranker Kinder und Jugendlicher in Brandenburg haben mit Geldnot und Vorbehalten zu kämpfen. Das ergab eine dpa-Umfrage. So wagten bislang nur wenige Eltern, Hilfsangebote anzunehmen. „Suchterkrankungen sind in der Regel tabuisiert“, sagte Andrea Hardeling von der Brandenburgischen Landesstelle für Suchtfragen in Potsdam. Bis Betroffene oder Angehörige Hilfe suchten, vergingen in der Regel Monate oder Jahre. „Schuld und Scham spielen dabei eine große Rolle“, sagte Hardeling. Darüber hinaus werde die Sucht häufig verdrängt. Eines der größten Probleme bei Teenagern ist der Umgang mit Alkohol.

Dabei gibt es eindeutige Alarmsignale für ein Suchtverhalten, die Eltern keineswegs ignorieren sollten, wie Bettina Steinke-Schmidt von der Suchthilfe Prignitz in Wittenberge erläutert. „Wenn ihr Kind kaum noch vor die Tür geht, stattdessen stundenlang am Computer sitzt und dafür sogar die Schule schwänzt, sollten Eltern aktiv werden“, empfahl sie. Gerade neue Medien könnten für Jugendliche ein ungeahntes Suchtpotenzial bieten.

Falsche Schuldzuweisungen

„Mediensucht wird allerdings bislang nur als Phänomen, nicht aber als Krankheit angesehen“, stellt Andrea Hardeling klar. Das größte Problem unter märkischen Jugendlichen stelle aber nach wie vor die Alkoholsucht dar. Mit weitem Abstand folgten dann Drogen wie Cannabis oder Zigaretten.

„Der Aufbau von Beratungsstellen in Brandenburg ist sehr schwierig, da die Scham sehr groß ist“, sagte auch Sabine Hinze vom Elternkreis Berlin-Brandenburg (EKBB). Falsche Schuldzuweisungen rührten aber oft von einem in der Öffentlichkeit vermittelten Trugbild her. „Liebe, eine gute Ausbildung oder ein vorbildlicher Lebenswandel sind keine Garantien, dass Kinder nicht süchtig werden“, betont Hinze.

Trotzdem beobachtet Hinze eine wachsende positive Resonanz von Eltern auf Beratungsangebote. „Doch nur telefonische Beratungen reichen nicht aus, um voranzukommen“, sagte sie. Und so wolle der Elternkreis die bestehenden Selbsthilfegruppen weiter unterstützen und Beratungsstellen mit Infomaterial versorgen.

Ministerium sieht anderen Schwerpunkt

Die Finanzierung des Elternkreisverbandes durch das Land sei drastisch heruntergefahren worden, sagte Hinze. „Erst in diesem Jahr haben wir auf Nachfrage erfahren, dass uns alle Gelder gestrichen worden sind“, monierte sie. Damit könne ihre Arbeit in Brandenburg nicht mehr in dem Maße weitergeführt werden wie bisher. „Es ist unglaublich, wie hier das Ehrenamt mit Füßen getreten wird und eine jahrelange Aufbauarbeit zerstört wird.“ Im Gesundheitsministerium in Potsdam begründet man diesen Schritt damit, dass der Beratungsschwerpunkt des Kreises vornehmlich im Konsum illegaler Drogen gesetzt sei. „In Brandenburg liegen die drängenden Suchtprobleme aber im Konsum von Tabak und Alkohol“, betonte ein Ministeriumssprecher. Bedingungen für eine erneute Förderung seien mit dem Elternkreis bereits erörtert worden.

Das Land fördert einem Sprecher des Landessozialministeriums zufolge kommunale Angebote der ambulanten Suchtberatung und Suchthilfe in allen Landkreisen und kreisfreien Städten mit jährlich über 1,2 Millionen Euro. In die Prävention von Suchtkrankheiten, die sich zu einem großen Teil an Kinder und Jugendliche richte, würden über 480 000 Euro fließen. Die Landesstelle für Suchtfragen werde jährlich mit mehr als 250 000 Euro gefördert.

Das reicht jedoch nach Ansicht von Andrea Hardeling nicht aus. „Es muss viel mehr in die Prävention gesteckt werden“, forderte sie. Auch für Bettina Steinke-Schmidt besteht noch deutlicher Verbesserungsbedarf. „Für die Kreise Prignitz und Ostprignitz-Ruppin steht uns nur eine Präventionsfachkraft zur Verfügung“, sagte sie.

Und die habe nur eine 20-Stunden-Woche, wodurch die Nachfrage, besonders an den Schulen, nicht gedeckt werden könne.

Christian Bark

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