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Der Boss. Hartmut Mehdorn fehlt der Überblick bei den Finanzen.

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HORST AMANN HARTMUT MEHDORN: Allein im Cockpit

Der BER-Aufsichtsrat hat entschieden: Amann kümmert sich ums Schmutzwasser, Mehdorn um den Rest / Von Thorsten Metzner

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Ein dickes Fell hat er. „Wenn ich nicht damit leben könnte, hätte ich nicht meine Zustimmung erklärt und die Entscheidung nicht getroffen“, sagt Horst Amann am Tag danach dieser Zeitung. Er, der gerade Degradierte, einst aus Frankfurt am Main als BER-Retter geholt, der nun gegen Hartmut Mehdorn verlor. Der 60-Jährige ist nach der Entscheidung des Aufsichtsrates nicht mehr Technik-Geschäftsführer der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB). Er wird stattdessen Chef einer kleinen, vergleichsweise unbedeutenden hundertprozentigen FBB-Tochter, die ihm bisher auch schon unterstand. Es ist die Flughafen Energie und Wasser GmbH, die die Ver- und Entsorgungssysteme der Flughäfen Tegel, Schönefeld und am BER errichtet und betreibt. Sie ist zuständig für das Strom-, Wasser-, Abwasser-, Wärme- und Kältenetz. Er könnte den Kanal voll haben. „Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich lieber den BER fertig gemacht hätte“, sagt Amann. „Aber es sollte nicht sein.“ Zu zerrüttet war das Verhältnis zu Mehdorn, mit dem er nicht konnte. Von dessen Mini-Test-Inbetriebnahme am Nordpier hielt er nichts. Der wiederum kreidete dem Technikchef den Stillstand seit der abgesagten BER-Eröffnung 2012 an: zu wenig Drang nach vorn, zu viel Fehlersuche. Doch auch im Aufsichtsrat hatte Amann zuletzt kaum noch Fürsprecher. Berlins Regierender Klaus Wowereit (SPD) vergaß nicht, dass Amann nach dem Fiasko von 2012 den zweiten verkündeten und dann geplatzten Eröffnungstermin zum 27. Oktober 2013 zu verantworten hatte, was Wowereit im Januar den Aufsichtsratsvorsitz kostete.

Nach dem Machtkampf der beiden in der FBB-Spitze stand der Aufsichtsrat nun vor der Wahl „zwischen Pest und Cholera“, wie es einer am Tisch formulierte. Denn nach dem mit guten Chancen auf 1,7 Millionen Euro Abfindung klagenden Ex-Flughafenchef Rainer Schwarz wollten Berlin, Brandenburg und der Bund nicht noch eine Millionenabfindung für einen Ex-Flughafenmanager. Darüber waren sich vorige Woche Wowereit, der Brandenburger Dietmar Woidke, die Bundesminister Wolfgang Schäuble und Peter Ramsauer einig. Amann, dessen Vertrag noch bis 2016 läuft, stehen 1,2 Millionen Euro zu. So fädelte Wowereit als kommissarischer Aufsichtsratschef die Lösung ein, den Abstand „zwischen den Kampfhähnen zu entzerren“. Einig ist sich der Aufsichtsrat mit Mehdorn darin, dass die von Amann – der sein 300 000-Euro-Gehalt behält – geführte FBB-Tochter um neue Aufgaben erweitert werden soll. Welche, wird geklärt. Amann versichert, er werde sich für „die neue Kiste“ genauso engagieren wie bisher. Linke und Grüne sprangen Amann bei, er sei ein „Bauernopfer“, das weggemobbt wurde.

Er hat gewonnen und auch verloren. Zwar ist Hartmut Mehdorn nun allein der starke Mann am BER, nachdem Widersacher Horst Amann aus dem Management flog. Doch nun wächst der Druck auf Mehdorn, endlich einen Plan zur Inbetriebnahme des Hauptstadtflughafens vorzulegen, was der 70-Jährige nicht konnte: Ein verbindlicher Eröffnungstermin ist nicht in Sicht. Und er hat, wie die Aufsichtsratssitzung zeigte, eine weitere Baustelle, die immer mehr ins Zentrum rückt: die Finanzen. Weder er noch die ihm unterstehende Finanzgeschäftsführerin Heike Fölster konnten belastbare Prognosen vorlegen, wie viel teurer der neue Airport denn nun wird.

Um die Zahlen gibt es nach wie vor Durcheinander. Nach aktuellen Flughafenpapieren haben die Kosten inzwischen die 4,7 Milliarden erreicht, wobei davon Hunderte Millionen Euro gebunden, aber noch nicht abgeflossen sind, etwa weil der Bau kaum vorangeht. Trotzdem wird es eng. Zur Grundsteinlegung 2006 war der Airport noch mit 1,9 Milliarden Euro veranschlagt worden. Nach den offiziellen Mitteilungen der Flughafengesellschaft für die Finanzierung des BER sind seitdem von den drei Eigentümern, also von den Flughafengesellschaftern selbst, sowie zusätzlich über einen 2,4-Milliarden-Kredit nicht nur 4,3 Milliarden Euro aufgebracht worden, wie es selbst Aufsichtsräte kommunizieren, sondern bereits 4,6 Milliarden Euro. Darin sind die 1,2 Milliarden Euro enthalten, die im Vorjahr vom Bund, Brandenburg und Berlin als Eigner nach der geplatzten Eröffnung nachgeschossen wurden. Die waren aber noch auf eine erhoffte Eröffnung zum 27. Oktober 2013 berechnet. Die fünf Milliarden und neue öffentliche Spritzen sind damit nur eine Frage der Zeit. Ab jetzt kostet jeder Monat.

Zwar soll Mehdorn die bisher genannten 35 Millionen auf 17 Millionen Euro nach unten korrigiert haben. Dafür gilt aber eine Eröffnung vor Herbst 2015 mittlerweile als fast unmöglich. Als realistisch wird unter Aufsichtsräten längst das Frühjahr 2016 angesehen. Und für den Schallschutz sind erst 444 Millionen Euro eingeplant statt der nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes benötigten 591 Millionen Euro. So gab der Aufsichtsrat zwar grünes Licht, im Rahmen der vorhandenen Mittel 50 Millionen Euro auszugeben: für den Umbau des Nordpiers, die Aufteilung der Sprinkleranlage im Terminal in drei separate Blöcke, die mit Siemens vereinbarte Fertigstellung der Brandschutzanlage. Doch Mehdorn wollte mehr – und blitzte ab. Sein Antrag wurde abgelehnt, das Budget um weitere 38 Millionen Euro aufzustocken. Stattdessen soll der Flughafen bis zur Dezembersitzung zum Geld seine Hausaufgaben machen.

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