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Mann der klaren Worte. Roman Reusch leitete bei der Staatsanwaltschaft Berlin die Abteilung für junge Intensivtäter. Er forderte mehr Härte gegen Kriminelle.

© Dawin Meckel

Brandenburg: Alternativer Aufstieg

Einst wurde Roman Reusch wegen umstrittener Thesen zur Jugend- und Migrantenkriminalität versetzt. Jetzt leitet der Staatsanwalt und AfD-Politiker die Abteilung „Auslieferung ausländischer Straftäter“ in Berlin

Stand:

Berlin - Staatsanwalt Roman Reusch hatte früher hoch umstrittene Thesen zur Ausländerkriminalität vertreten. Jetzt ist er zum Leitenden Oberstaatsanwalt befördert worden und hat bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin die Abteilung „Auslieferung ausländischer Straftäter, Internationale Rechtshilfe“ als Chef übernommen. Reusch, der im Vorstand des AfD-Landesverbands Brandenburg sitzt, hatte früher die Intensivtäter-Abteilung der Staatsanwaltschaft geleitet und war im Januar 2008 von der damaligen Justizsenatorin Gisela von der Aue zur Generalstaatsanwaltschaft versetzt worden.

Hintergrund waren umstrittene Äußerungen des Juristen. Reusch hatte zum Beispiel in einem Streitgespräch im „Spiegel“ erklärt, dass jugendliche Straftäter auch allein zu Erziehungszwecken in Untersuchungshaft gesteckt werden sollten. Das ist aber nach dem Gesetz unzulässig.

Bei einer Tagung der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung hatte er im Dezember 2007 erklärt: „Es muss erreicht werden, dass besonders auffällige ausländische Kriminelle außer Landes oder ,sonst aus dem Verkehr‘ gezogen werden können, damit sie – insbesondere nachwachsenden Kindern und Jugendlichen – kein Beispiel mehr geben und andere zur Nachahmung animieren können.“ Dann wurde er martialisch: „Die Ereignisse in Holland, Frankreich und nicht zuletzt in London haben gezeigt, dass das Unterlassen einer, sei es auch erzwungenen Integration, sogar geeignet ist, den Weg zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen zu bereiten.“ Schon zuvor hatte er für die „Präzisierung des Jugendstrafrechts“ plädiert, damit Jugendstrafen leichter verhängt werden könnten. Diese Äußerungen sorgten für erhebliche Unruhe.

Das war denn in der Summe der damaligen Justizsenatorin von der Aue (SPD) zu viel. Sie erklärte, Reusch habe mit einigen seiner Äußerungen zum Umgang mit Straftätern das Gesetz „überdehnt“. Im Abgeordnetenhaus sagte sie, der Staatsanwalt habe das „beamtenrechtliche Mäßigungsgebot“ verletzt. Von der Aue erklärte auch, dass die Versetzung Reuschs zur Generalstaatsanwaltschaft nicht sie betrieben habe, sondern die zuständigen Behördenleiter der Staatsanwaltschaft. Und sie sei „einvernehmlich“ erfolgt.

Die Abteilung, die Reusch jetzt leitet, ist zum Beispiel zuständig für die Frage, ob ausländische Straftäter, die in Deutschland in Haft sitzen, an ihr Heimatland ausgeliefert werden können und die Haftstrafe deshalb beendet werden kann. Für Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern ist die Abteilung nicht zuständig.

Reusch wohnt nach Angaben der Brandenburger AfD im Landkreis Teltow-Fläming. Nähere Angaben wollte ein Parteisprecher nicht machen. Ansonsten ist über Reuschs Engagement in der rechtspopulistischen Partei wenig bekannt. Sein Amt als Staatsanwalt schließt ein privates, ehrenamtliches Engagement in einer politischen Partei nicht aus.

Beim Landesparteitag der AfD im April 2015 hatte sich Reusch öffentlich zur Flüchtlingspolitik geäußert. Damals ging es noch um Flüchtlingsboote aus Afrika auf dem Mittelmeer, noch nicht um Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien. Zu dieser Zeit sprach sich der Parteitag der Brandenburger AfD fast einmütig für die Schaffung von Aufnahmezentren für Asylbewerber in Afrika aus. Reusch sagte damals laut Medienberichten: „Wir wollen den Anreiz für Afrikaner, sich auf Seelenverkäufern in Lebensgefahr zu bringen, nehmen.“ Das ganze Asylverfahren sollten Afrikaner in Afrika durchlaufen.

Bevor er im November 2015 als Beisitzer in den Landesvorstand der AfD kam, war Reusch Vorsitzender Richter des Schiedsgerichts der Landes-AfD. Zudem war er Sprecher des Landesfachausschusses Bevölkerung und sozialer Zusammenhalt. Dahinter verbergen sich die Themen Demografie, Familienpolitik – aber auch Einwanderungs- und Integrationspolitik. Aktuell wird die Struktur der Landespartei umgebaut. Zuständig für die Programmarbeit ist nach Angaben eines Parteisprechers: Roman Reusch.

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