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Garnisonen in Brandenburg: Angst vor dem Abzug der Bundeswehr

Rot-rote Irritationen: Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) ringt um Garnisonen im Land, aber die Linken tauchen ab

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Potsdam - In Brandenburg drohen Defizite bei der Bekämpfung von Fluten an Oder und Elbe, wenn im Zuge der Bundeswehrreform von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hierzulande Garnisonen radikal verkleinert oder geschlossen werden. Das geht aus einem aktuellen Bericht von Innenminister Dietmar Woidke (SPD) für das rot-rote Kabinett hervor.

Insbesondere Holzdorf/Schönewalde und Doberlug-Kirchhain gelten als bedroht. Doch während sich Ministerpräsident Matthias Platzeck und Woidke (beide SPD) vor und hinter den Kulissen für alle Standorte starkmachen, fällt der Linke-Koalitionspartner bislang komplett aus – aus Vorbehalten gegen die von der Partei abgelehnten Auslandseinsätze. Innerhalb der rot-roten Regierungskoalition gibt es deshalb nach PNN-Informationen erhebliche Irritationen. Doch nicht nur die SPD, auch Linke-Verantwortungsträger in Garnisonsstädten, ob in Strausberg oder in Cottbus, haben kein Verständnis, dass von ihren Ministern, der Fraktions- und Parteispitze im Land keine öffentliche Unterstützung kommt.

„Dazu kann und darf man nicht schweigen“, sagt etwa der Linke Lothar Nicht, Ordnungs-Beigeordneter im Cottbuser Rathaus. Unabhängig, wie man zu Auslandseinsätzen stehe, sei die Bundeswehr für Hochwasser- und Katastrophenschutz im Land unverzichtbar. „Da drohen massive Defizite.“ Es sei nötig, im Brandenburger Interesse „um jeden Standort zu kämpfen“. Das erwarte er, so fügte Nicht hinzu, „von der gesamten Regierung und dem ganzen Landtag.“ Am kommenden Dienstag will sich das Kabinett kurzfristig mit dem 170-Seiten-Bericht von Woidke zu möglichen Auswirkungen der Bundeswehrreform befassen. Darin wird detailliert deren Bedeutung im strukturschwachen Brandenburg für den Katastrophenschutz, wo bei den letzten Jahrhunderthochwassern die Deiche nur mit Hilfe der Truppe gehalten wurden, aber auch für Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Kaufkraft aufgelistet.

Derzeit hat die Bundeswehr in Brandenburg 6770 militärische und 2770 zivile Dienstposten. Vor der letzten Bundeswehrreform 2004, bei der Kasernen in Brandenburg an der Havel (930 Stellen) und Oranienburg (740 Stellen) geschlossen, andere verkleinert wurden, waren es noch noch 12 200 Bundeswehr-Jobs im Land. Wenn die Truppe abziehen sollte, wären etwa in Schönwalde/Holzdorf an der Grenze von Sachsen/Anhalt und Brandenburg, wo Hubschrauber-Einheiten von Heer und Luftwaffe stationiert sind, knapp 1500 Soldaten und Offiziere sowie 354 Zivilbeschäftigte betroffen. In Doberlug-Kirchhain wären es 450 Zivilisten im Dienstleistungszentrum.

Dass Brandenburg am 26.Oktober bei der Bekanntgabe des Konzeptes durch de Maizière völlig ungeschoren davon kommt, glaubt intern niemand, zumal sich das Land beim Verteidigungsministerium mit der erkämpften Schließung des Luftwaffenübungsplatzes Kyritz-Ruppiner Heide bei Wittstock nicht beliebt gemacht hat.

Beim aktuellen Ringen um die Standorte zieht die SPD erstmals seit Längerem wieder mit der oppositionellen Union an einem Strang. Dem Vernehmen nach wurde etwa der frühere Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) eingeschaltet, der sich über seine Drähte in der Union und als Ex-General für Brandenburg einsetzt.

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