Brandenburg: Anschlag auf Amtssitz der Justizsenatorin E-Mail: „Denkzettel“ für Suizide von Häftlingen
Berlin - Unbekannte haben in der Nacht zu Donnerstag einen Brandanschlag auf die Berliner Justizverwaltung verübt. Ein Wachmann bemerkte den Brand im Keller des Hauses an der Salzburger Straße gegen 3.
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Berlin - Unbekannte haben in der Nacht zu Donnerstag einen Brandanschlag auf die Berliner Justizverwaltung verübt. Ein Wachmann bemerkte den Brand im Keller des Hauses an der Salzburger Straße gegen 3.30 Uhr und alarmierte die Feuerwehr. Die Flammen waren schnell gelöscht, verletzt wurde niemand. In einem Bekennerschreiben, das per Mail beim Berliner Tagesspiegel einging, heißt es: „Dies ist ein Denkzettel für Frau von der Aue.“ Die Unbekannten werfen der neuen SPD-Justizsenatorin vor, dass Gefangene „durch sie und das mörderische System umgebracht“ wurden. Wie berichtet, hatte von der Aue Mitte Dezember angeordnet, dass die Öffentlichkeit nicht mehr über Suizide in Haft informiert wird. Wie berichtet, hatten die Oppositionsparteien CDU und Grüne scharf gegen diese Entscheidung protestiert.
In diesem Jahr hatten sich zehn Gefangene das Leben genommen, darunter neun in der U-Haft in Moabit. Das Bekennerschreiben endet mit den Worten „Remember Wolfgang Grams“, der RAF-Terrorist war 1993 bei einem Schusswechsel mit der Polizei getötet worden. Der für politische Taten zuständige Staatsschutz ermittelt.
Auch Gefangene hatten in Briefen und Anrufen gegen die Informationssperre protestiert. Gerade weil es in diesem Jahr bereits zehn Selbstmorde gab, habe die Öffentlichkeit ein Anrecht auf diese Informationen. Der CDU-Experte Sven Rissmann hatte es so auf den Punkt gebracht: „Suizide sind ein Indikator dafür, wo in Gefängnissen etwas falsch läuft.“ Im Sommer hatte mehrfach das Abgeordnetenhaus über die Todesfälle und die Haftbedingungen diskutiert. Im Januar will sich der Rechtsausschuss mit der Anordnung von der Aues beschäftigen, die erst durch eine Anfrage des Tagesspiegels bekannt geworden war.
Seitdem blühen in der JVA Tegel die Gerüchte. So behauptete ein Gefangener gestern, dass ein suizidgefährdeter Mithäftling einen Tag vor Heiligabend versucht haben soll, sich das Leben zu nehmen. Nach Justizangaben war jedoch „wegen gesundheitlicher Probleme“ ein Krankenwagen geholt wurden. Eine Suizidgefahr liege nicht vor. Dagegen bestätigte der Anwalt des Gefangenen, dass dieser mehrfach während seiner Haftzeit in Tegel Rasierklingen geschluckt habe. Gestern schlug in Tegel ein Gefangener mit dem Kopf eine Scheibe ein und versuchte dann, sich mit einer Scherbe zu verletzen. Auch er wurde von der Feuerwehr in ein Krankenhaus gebracht.
Unterdessen rufen linke Gruppen zu einer Demonstration „Silvester zum Knast“ auf. Die Organisatoren werfen der Justizsenatorin eine „Verschleierungstaktik“ vor, damit Missstände nicht mehr bekannt werden. Derzeit ist Moabit zehn Prozent überbelegt. 166 Gefangene müssen nach offiziellen Angaben in verfassungswidrigen Haftbedingungen leben. Jörn Hasselmann
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