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Brandenburg: Anwalt zu Kürzung bei freien Schulen: „soziale Auslese“ CDU, FDP udn Grüne reichen Klage ein und werfen Rot-Rot vor, die Schullandschaft im Land zu spalten

Potsdam - Die Millionen-Kürzungen bei den freien Schulen in Brandenburg sind jetzt offiziell ein Fall für das Landesverfassungsgericht: Der Potsdamer Anwalt Matthias Dombert hat am Mittwoch die angekündigte Normenkontrollklage der Oppositionsfraktionen CDU, Grüne und FDP gegen das Ende 2011 trotz massiver Proteste von der SPD/Linke-Koalition beschlossene Spargesetz eingereicht. Dombert ist ausgewiesener Verwaltungs- und Verfassungsrechtsexperte und war von 1994 bis 2009 selbst Richter am höchsten Gericht des Landes.

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Potsdam - Die Millionen-Kürzungen bei den freien Schulen in Brandenburg sind jetzt offiziell ein Fall für das Landesverfassungsgericht: Der Potsdamer Anwalt Matthias Dombert hat am Mittwoch die angekündigte Normenkontrollklage der Oppositionsfraktionen CDU, Grüne und FDP gegen das Ende 2011 trotz massiver Proteste von der SPD/Linke-Koalition beschlossene Spargesetz eingereicht. Dombert ist ausgewiesener Verwaltungs- und Verfassungsrechtsexperte und war von 1994 bis 2009 selbst Richter am höchsten Gericht des Landes. Aktuell vertritt er auch die Verfassungsbeschwerde einiger Kommunen gegen das Kommunalausgleichsgesetz. Im Fall der Mittelkürzungen für freie Schulen bearbeitet er zudem weitere angekündigte Verfassungsbeschwerden kirchlicher Einrichtungen.

Mit Spannung war die Begründung der Verfassungsklage erwartet worden. Brisant ist, dass Dombert in der 54-Seiten-Normenkontrollklage maßgeblich soziale Argumente gegen die rot-roten Kürzungsgesetze ins Feld führt.

Auf einer Pressekonferenz der Oppositionsfraktionen im Landtag warf Dombert am Mittwoch den rot-roten Koalitionären „verfassungsrechtliche Hemdsärmeligkeit“, „ideologische Voreingenommenheit“ und mangelnde Sorgfalt im Gesetzgebungsverfahren vor. Freie Schulen würden durch das Gesetz in der Existenz gefährdet, sie seien gezwungen, das Schulgeld zu erhöhen, was zu sozialer Auslese führe. In der 54-Seiten-Schriften wird zudem vor einem Riss in der brandenburgischen Schullandschaft gewarnt, da insbesondere kleine freie Schulen in den berlinfernen Regionen bedroht seien. Von einer Gefährdung des Ersatzschulbestandes sei auch auszugehen, heißt es in der Klageschrift, „wenn Ersatzschulen im Speckgürtel Berlins überleben, in der Uckermark aber in Mitleidenschaft gezogen werden.“

Mit dem im Dezember 2011 beschlossenen Gesetz werden die Zuschüsse für die derzeit 129 freien Schulen mit 18 000 Schülern, für die das Land derzeit 129 Millionen Euro gibt, bis 2014 gegenüber dem alten Modell um 14 Millionen Euro gekürzt. Auf diesem Wege will Rot-Rot den rasanten Anstieg der Gesamtzuschüsse für freie Schulen, eine Folge von deren wachsender Zahl und nach wie vor steigenden Schülerzahlen, drosseln. Dagegen hatte es massive Proteste gegeben, allein eine Volksinitiative sammelte in kurzer Zeit für Verhältnisse eines Flächenlandes beachtliche 36 700 Unterschriften – mehr als die benötigten 20 000, mehr als einst das Volksbegehren gegen neue Tagebaue.

„Eltern, Schüler und Lehrer können neue Hoffnung schöpfen“, sagte nun CDU-Bildungsexperte Gordon Hoffmann. Die Oppostionsfraktionen sehen gute Erfolgschancen der Verfassungsklage. In der Klage, so betonte etwa FDP-Fraktionschef und bildungspolitischer Sprecher der Liberalen Andreas Büttner, würde nämlich dezidiert nachgewiesen, dass es „keine vernünftige Rechtsfolgenabschätzung“ gegeben hat, die eigentlich zwingend sei. Die Sparbeschlüsse seien auch deshalb fatal, weil gerade freie Schulen ein qualitativer, innovativer Impulsgeber für die Schullandschaft insgesamt seien. „Nun wird den Schulen die Möglichkeit genommen, neue alternative pädagogische Konzepte zu entwickeln“, betonte Büttner. Grünen-Bildungsexpertin Marie-Luise von Halem sagte, Rot–Rot habe „das Versprechen gebrochen, bei der Bildung nicht zu kürzen, sondern missachte das ehrenamtliche Engagement Tausender Eltern für freie Schulen.

Das von SPD-Ministerin Martina Münch geführte Bildungsministerium, das den Schnitt mit Sparzwängen und einer Benachteiligung staatlicher Schulen begründet, reagierte gelassen auf die Klage. Sprecher Stephan Breiding sagte, die Finanzierung der freien Schulen bleibe „auskömmlich“, die Veränderungen seien „ausgewogen“. Ein Indiz dafür sei, dass es aktuell allein 21 Anträge auf Zulassung neuer freier Schulen gebe. Brandenburg habe bei der Förderung freier Schulen bisher einen Spitzenplatz gehabt, lande künftig im Mittelfeld der Bundesländer. Ob all dem so ist, werden Brandenburgs Verfassungsrichter wahrscheinlich im Jahr 2013 entscheiden, ein Jahr vor der nächsten Landtagswahl.

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