Brandenburg: Auf BER-Ticket
Die Themen der Freien Wähler: Der Flughafen in Schönefeld und die Probleme in den Kommunen
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Potsdam - Sie haben in der Geschichte der Bundesrepublik etwas Einmaliges geschafft: Die Freien Wähler in Brandenburg haben ein Direktmandat in einem Wahlkreis in Teltow-Fläming geholt. Weil dadurch die Fünf-Prozent-Hürde für sie nicht gilt, sind sie mit drei Abgeordneten im Landtag – ein Novum. Zwar hat Spitzenkandidat Christoph Schulze, der seit 1990 im Landtag sitzt und wegen der Flughafen-Politik mit der SPD brach, seinen Erfolg dem Unmut über den BER zu verdanken. Daher wird das ein Top-Thema für die Gruppe bleiben, denn das Votum für Schulze werten sie als „kleine Volksabstimmung“ über die BER-Politik. „Sie können sich auf lange Landtagssitzungen einstellen“, sagte Schulze. „Wir sind gekommen, um zu bleiben.“ Neben Schulze ist der Landeschef der Freien Wähler, Péter Vida, im Landtag. Er ist seit 2003 in Bernau Stadtverordneter, hat dort zuletzt erfolgreiche Bürgerentscheide über mehr Mitsprache beim Straßenbau und über die Abwahl des Bürgermeisters vorangebracht.
Die dritte Abgeordnete ist Iris Schülzke, bisher Amtsdirektorin in Schlieben in Elbe-Elster, die auf Anhieb 17 Prozent der Erststimmen holte. Bei der Landratswahl im Jahr 2010 hatte sie die meisten Stimmen der Wähler erhalten, war jedoch am Quorum gescheitert. Am Ende wählt der Kreistag Christian Heinrich-Jaschinski (CDU) zum Landrat.
Die drei Abgeordneten geben sich überaus selbstbewusst. Sie lassen gerade prüfen, ob die Freien Wähler im Landtag Gruppenstatus bekommen. Sie setzten darauf, dass der Landtag in guter parlamentarischer Praxis ihnen fraktionsähnliche Rechte einräumt.
Inhaltlich sind die Freien Wähler als Zusammenschluss von landesweit mehr als 100 Bürgerinitiativen und kommunalen Wählervereinigungen breit aufgestellt mit den klassischen Problemen in Brandenburgs Kommunalpolitik: Sie wollen das Kommunale Abgabengesetz ändern, den Anschluss- und Benutzerzwang der in den 1990er-Jahren völlig überdimensionierten und defizitären Trink- und Abwasserverbände abschaffen und klare Regeln beim Umgang mit DDR-Anschließern. Zudem wollen sie weitreichende Gesetzesänderungen: Beim Ausbau von Anliegerstraßen soll das Votum der Anwohner über die Pläne und das Ausmaß zwingend sein, denn sie werden von den Kommunen an den Kosten beteiligt. Eine neue Kreis- und Gemeindestruktur-Reform lehnen die Freien Wähler strikt ab und fordern eine Stärkung des ländlichens Raumes. Dazu zählen mehr Flexibilität im Schulsystem und kleinere Klassen in Berlin-fernen Regionen. „Reißbrettkalkulationen aus Potsdam lehnen wir ab“, sagte Vida. Schließlich sollen Bürgerbegehren und Entscheide vereinfacht werden – für mehr direkte Demokratie vor Ort. A. Fröhlich
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