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Fahrtenbücher: Auf dem Weg zur Dienstwagen-Affäre?

Neue Vorwürfe um Regierungs-Fahrtenbücher: Linke-Finanzminister Markov soll Parlament falsch informiert haben

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Potsdam - Mitten in der BER-Krise werden in der fast vergessenen Schlendrian-Affäre um Regierungs-Dienstfahrten in Brandenburg neue Vorwürfe laut. Nach Recherchen des Magazins „Stern“ unter Verweis auf interne Regierungsvermerke soll Finanzminister Helmuth Markov (Linke) den Landtag über das Ausmaß der Affäre falsch informiert und Linke-Minister Ralf Christoffers (Wirtschaft) sich gegen penibel geführte Fahrtenbücher gestemmt haben.

Wie berichtet hatte auf Druck von Markov das gesamte Kabinett Anfang 2012 wegen schludrig geführter Fahrtenbücher teils Zehntausende Euro Steuern nachzahlen müssen. Selbst Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) wurde zur Kasse gebeten. Bei den Linken hieß es damals, dass Markov mit jahrelanger SPD-Schlamperei aufräume. Der Fall sorgte bundesweit für Wirbel, der „Spiegel“ beschrieb Markov als  „roten Preußen“. Vor diesem Hintergrund sind die jetzt publik gewordenen Details brisant.

Es geht um die Frage, ob in den Fahrtenbüchern Privatfahrten von Ministern, die zulässig sind, auch korrekt ausgewiesen wurden. Sie müssen als geldwerte Vorteile versteuert werden. Im Landtag hatte Markov im Oktober 2011 erklärt, dass Brandenburgs Minister zwischen privaten und dienstlichen Fahrten „absolut exakt“ getrennt hätten. Das Problem, so hieß es, war die Unvollständigkeit der Dokumentationen. Doch hatten Prüfer seines Hauses drei Monate vorher unter anderem bei Wirtschaftsminister Christoffers festgestellt, dass das Fahrtenbuch so lückenhaft war, dass eine dienstliche Veranlassung der Fahrten „nicht nachgewiesen“ werden kann. Christoffers, der für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, hatte zudem im April 2011 den für den Fuhrpark zuständigen Landesbetrieb (BLB) gebeten, „aus politischen Gründen davon abzusehen, die dienstlichen Fahrten im Detail nachzuweisen“. Ohne Nachweis aber greift nach dem Steuerrecht die sogenannte Ein-Prozent-Regel, wonach ein Prozent des Bruttolistenpreises pro Monat als geldwerter Vorteil versteuert werden muss, was bei Platzecks Mercedes S 400 Hybrid monatlich fast 1400 Euro ausmacht. Da das Geld rückwirkend bis 2007 eingetrieben wurde, kamen bei SPD-Ministern und bei Platzeck einige Zehntausend Euro zusammen. Am meisten betroffen waren die Minister, die viel dienstlich im Land unterwegs waren und den Dienstwagen kaum privat nutzten. Fast zwanzig Ex-Kabinettsmitglieder, frühere Minister und Staatssekretäre, drohen mit Schadenersatzklagen. Aus ihrer Sicht war der BLB für das Fahrtenbuchregime verantwortlich.

Markov ließ den Vorwurf der Täuschung des Parlamentes zurückweisen. Er habe, so wurde erklärt, im Ausschuss nach „bestem Wissen und Gewissen“ geantwortet. Die CDU-Opposition will zunächst Akteneinsicht nehmen. CDU-Geschäftsführer Ingo Senftleben sagte, „wenn sich bestätigt, dass das Parlament getäuscht wurde, sind Konsequenzen unausweichlich“. Regierungssprecher Thomas Braune erklärte dagegen, es weite „sich gar nichts aus. Die Nachzahlungen sind veranlasst worden“. Dennoch ist die Staatskanzlei dem Vernehmen nach alarmiert. Allerdings weniger wegen der Vorwürfe, sondern wegen der beim „Stern“ gelandeten internsten Regierungs-Vermerke, die selbst Steuerdaten von Ministern enthalten, wie von Sozialminister Gunter Baaske (SPD), der 2010 für Privatfahrten pauschal 12 027,60 Euro nachzahlen musste. Als geldwerten Vorteil für Privatfahrten hatte er laut „Stern“ ganze 357,55 Euro versteuert.

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