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Brandenburg: Aufgeflogen
Ein leitender Beamter der Polizei-Hubschrauberstaffel sitzt in Untersuchungshaft. Gegen ihn wird wegen Bestechlichkeit ermittelt. Grund sind enge Bande mit einem Unternehmen
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Neuruppin/Blumberg - Der Hinweis kam ausgerechnet von der Presse. Es war eine Anfrage des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ an das Innenministerium des Landes Brandenburg. Sie drehte sich um den Leiter Technische Dienste der Polizeihubschrauberstaffel. Nun sitzt der 56-jährige Klaus-Jürgen F. in Untersuchungshaft – wegen des dringenden Tatverdachts der Bestechlichkeit.
Schon im Innenministerium prüften die zuständigen Beamten die Hinweise, die sich aus der „Spiegel“-Anfrage ergaben, gründlich. Und sie stießen bei den internen Untersuchungen schnell auf einen Verdacht. Vor knapp zwei Wochen, am 9. Mai, schickte das Ministerium die Unterlagen an die in Brandenburg zentral für Korruptionsdelikte zuständige Staatsanwaltschaft in Neuruppin.
Es handelte sich um die Akten zu einem Vergabeverfahren aus dem Jahr 2012. Damals beschaffte die Polizei für die beiden in Blumberg (Barnim) stationierten Hubschrauber vom Typ EC 135 neue Wärmebildkameras. Der Technik-Chef wirkte bei der Entscheidung maßgeblich mit – für das Land Brandenburg. Laut „Spiegel“ saß Klaus-Jürgen F. in der fünfköpfigen Vergabekommission der Landespolizei, die mit den Aufträgen zur Nachrüstung der Hubschrauber befasst war. Den Zuschlag bekam das Wiener Unternehmen Airborne Technologies GmbH. Allein im Jahr 2012 soll das Auftragsvolumen 3,4 Millionen Euro betragen haben, wie die Staatsanwaltschaft bestätigt. Bei den Aufträgen für die modernen Kamerasysteme ging es um den ganz großen Service: Beschaffung, Lieferung, Installation, Wartung, das volle Programm.
Kurze Zeit später hat der Beamte, wie die Staatsanwaltschaft bestätigt, eine eigene Firma gegründet und einen Beratervertrag mit dem Unternehmen aus Österreich geschlossen. Das Polizeipräsidium genehmigte am 8. Dezember 2012 die im November von dem Beamten beantragte Nebentätigkeit für eine Dauer von fünf Jahren, wie nun das Innenministerium bestätigt. Doch es gab eine klare Auflage für den Beamten: Ausdrücklich sollte sein Beraterjob nichts mit der Polizei zu tun haben, er musste „jeglichen Bezug zur polizeilichen Tätigkeit“ vermeiden. Der 56-Jährige aber hielt sich nicht daran.
Auffällig ist auch das zeitliche Zusammenspiel. Zwar soll laut „Spiegel“ bei der Auftragsvergabe 2012 zunächst alles nach Vorschrift verlaufen sein. Nach der Ausschreibung kamen drei Angebote. Das Nachrichtenmagazin zitiert einen Bericht der Fachzeitschrift „Police Aviation News“, in dem es heißt, dass die beiden Hubschrauber nur binnen fünf Monaten nach Erteilung des Auftrags nachgerüstet worden seien. Schon im Dezember 2012 hätten die Hubschrauber der Brandenburger Polizei zurückgegeben werden können – also kurz nachdem der Beamte offiziell seinen Nebenjob aufnehmen durfte.
Privat beriet er das Unternehmen, das in den Jahren 2012 und 2013 die Aufträge der Polizei für die Wärmebildkameras holte. Dienstlich war der 56-Jährige dabei nicht nur im Jahr 2012 als Mitglied der Vergabekommission, sondern auch 2013 als Vertreter der Bedarfsstelle direkt mit der Auftragsvergabe befasst. 2013 bekam das Unternehmen aus Wien laut „Spiegel“ den Auftrag, neue Monitore für die Piloten zu besorgen. Die Kommission war nicht eingeschaltet. 2013 soll Klaus-Jürgen F. auch bei einer Vortragsveranstaltung der „European Helicopter Show“ gemeinsam mit einem Vertreter des österreichischen Unternehmens aufgetreten sein. Es ging laut „Spiegel“ um die Luftfahrt im Dienst der öffentlichen Sicherheit. F. soll auch eine E-Mail-Adresse bei dem Unternehmen in Wien haben und auf der Internetseite seiner eigenen Firma, der Aircoptech GmbH, als offizieller Kontakt von Airborne Technologies in Deutschland geführt worden sein.
Gegenüber dem Nachrichtenmagazin bestritt der Beamte einen Zusammenhang zwischen der Auftragsvergabe der Brandenburger Polizei und seiner Tätigkeit für die Airborne Technologies GmbH. Er habe keine Vergütung von dem Unternehmen für Umrüstungsaufträge erhalten.
Doch im Zuge der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Neuruppin hat sich der Verdacht gegen ihn sogar erhärtet. Am 12. Mai, wenige Tage nachdem die Unterlagen aus dem Potsdamer Ministerium in Neuruppin eintrafen, durchsuchten Ermittler des Landeskriminalamtes das Dienstbüro und die Wohnung des Beamten. Und sie wurden nach PNN-Informationen fündig: Die beschlagnahmten Unterlagen sorgten dafür, dass der Mann einem Haftrichter vorgeführt wurde. Wegen dringenden Tatverdachts und Verdunklungsgefahr schickte der Richter den Beamten in die Untersuchungshaft.
Der Technikchef der Hubschrauberstaffel ist inzwischen vom Dienst suspendiert. Das eingeleitete Disziplinarverfahren ruht aber wie üblich, solange die strafrechtlichen Ermittlungen laufen.
Intern gehen die beteiligten Behörden davon aus, dass der jetzt aufgedeckte Korruptionsfall um den Beamten möglicherweise nur die Spitze des Eisbergs ist. Der Polizeihauptkommissar verrichtet seinen Dienst bei der Hubschrauberstaffel seit Langem. Nun werden weitere Vergabeentscheidungen geprüft. „Das könnte sich ausweiten“, sagte ein mit dem Fall betrauter hoher Beamter. Bislang gehen die Ermittler davon aus, dass der bisherige Technikchef allein gehandelt hat. Hinweise auf Komplizen und weitere Beteiligte bei der Polizei gibt es bislang nicht. Allerdings gibt es auch Beamte, die sagen, dass Klaus-Jürgen F. intern schon lange unter Verdacht gestanden habe, der von offizieller Stelle aber stets verneint worden sei.
Der Fall wird auch politisch aufgearbeitet. Am kommenden Mittwoch befasst sich auf Antrag der CDU-Fraktion der Innenausschuss des Landtags damit. Dass es zu einem solchen Korruptionsfall überhaupt kommen konnte, sei „hochnotpeinlich“ für die Brandenburger Polizei, hieß es aus der CDU-Fraktion. Deren Innenexperte Björn Lakenmacher sagte den PNN, der Fall lasse auf Kontrollversagen schließen. Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) müsse nun erklären, warum bei dem Beamten die unter deutlichen Auflagen genehmigte Nebentätigkeit nicht kontrolliert wurde. „Dieses Erfordernis bestand hier umso mehr, weil er maßgeblich an den teuren Beschaffungen und Auftragsvergaben beteiligt und dafür verantwortlich war“, sagte Lakenmacher.
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