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Von Steffi Prutean und Winfried Wagner: Aufregung um entlassenen Sexualstraftäter

Werner K. kehrt nach Protesten in Mecklenburg-Vorpommern nach Brandenburg zurück / Ministerien sind ratlos

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Joachimsthal/Zahren  - Wohin mit einem entlassenen Sexualstraftäter, der viel Schuld auf sich geladen hat und den sich kaum jemand in der Nachbarschaft wünscht? An dieser Frage scheiden sich derzeit die Geister in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern - und die Politik scheint ratlos. Anlass ist der Fall des 50-jährigen Werner K. aus Joachimsthal (Brandenburg), der wegen mehrerer Vergewaltigungen 22 Jahre lang in Gefängnissen saß und Anfang 2008 entlassen wurde.

Weil Anwohner in seiner Heimatstadt gegen seine Anwesenheit nach der Strafverbüßung protestierten, war der Mann zunächst in Zahren in Mecklenburg-Vorpommern untergekommen, wo er sich auf eine Therapie vorbereitete. Doch als es auch hier zu Protesten kam, brach er die Vorbereitung ab und kehrte am Freitag nach Joachimsthal zurück. Dort will man ihn aber auch nicht haben. Wie es weitergehen soll, kann in den Ministerien in Potsdam und Schwerin niemand sagen. „Es ist schade, dass das jetzt abgebrochen wurde, der Mann hatte gerade begonnen, sich zu öffnen“, sagt Pastor Uve Simon, Leiter des sozialtherapeutischen Übergangsheimes vom Blaukreuzverein in Zahren.

Simon hatte sich mit Zustimmung der Brandenburger Behörden um Werner K. gekümmert, nachdem die Proteste im Frühjahr in Joachimsthal nicht abebbten. Der Protest hatte sich unter anderem daran entzündet, dass eine angestrebte Sicherungsverwahrung des Mannes nicht zustande kam, weil bestimmte Verfahrensfristen nicht eingehalten worden waren.

In dem abgelegenen Gutshaus in Zahren leben etwa 25 entlassene oder von Haft bedrohte Straftäter. Sie werden von neun Mitarbeitern in einem strengen Tagesregime betreut, um sie auf Therapien oder wieder auf ein ziviles Leben vorzubereiten. Vorfälle gab es bisher keine. Trotzdem gab es Proteste, als der Aufenthalt des 50-Jährigen bekannt wurde. „Geplant war bis Anfang 2009, aber jetzt hat der Schweriner Innenminister Lorenz Caffier (CDU) mit Potsdamer Behörden eine frühere Rückkehr vereinbart“, sagt Simon. Da dies über den Kopf des Ex-Straftäters, der „als freier Mann nach Zahren kam“, hinweg passierte, zog dieser die Konsequenz - und kehrte nach Joachimsthal zurück. Trotzdem kam für das Brandenburger Justizministerium die Heimkehr überraschend. „Das war von einem Tag auf den anderen“, sagte Ministeriumssprecher Thomas Melzer. Es habe wohl einen „enormen Druck von außen gegeben“. „Der Mann hat sich anhaltend stigmatisiert gefühlt.“ „Warum hetzt man mich wie ein Tier? Ich will Ruhe und Hilfe, ich bin kein Abfall“, schreibt der Brandenburger in einer persönlichen Erklärung an die Deutsche Presse-Agentur dpa. Das Gesicht des schmalen Grauhaarigen, der eine schwarz-weiß karierte Holzfällerjacke trägt, ist verbittert. Das Reden überlässt der gelernte Maurer dem Pastor. Er nickt aber, als Simon erklärt, dass der Joachimsthaler auch keine elektronische Fessel mehr tragen will. Die Bereitschaft dazu habe nur für den Fall gegolten, dass er in Zahren bleiben könne.

Seit Samstag stehen in Joachimsthal wieder mehrere Streifenwagen der Polizei rund um die Uhr vor dem Haus der Familie des Entlassenen.

Für die Bürgerinitiative im Ort, die sich vor Monaten gegründet hat, ist klar: In Joachimsthal sollte er nicht bleiben. Eltern haben Angst um ihre Kinder. Auch der vorbestrafte Mann will eigentlich nicht bleiben: „Ich bin bereit zu einer Therapie. Warum geht das nicht in Zahren, wo mich Menschen verstehen und ich ihnen vertraue?“, fragt er. Am Sonntag blieb es in beiden Orten ruhig.

Steffi Prutean, Winfried Wagner

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