Brandenburg: Aufstand an der Basis – Schlappe für Ex-CDU-Chef
Schmitt fiel als Kandidat für die Bundestagswahl durch, Pflüger bei der Kandidatur fürs Europaparlament
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Berlin - Am Anfang lief noch alles glatt. Am Ende des Samsttages war die Berliner CDU die beiden Politiker los geworden, die offenbar viele in der Partei für die Führungs- und Imagekrise der vergangenen Monate verantwortlich machen. Ingo Schmitt, der noch vor Wochen auf Platz eins der Kandidatenliste für den Bundestag hatte stehen wollen, findet sich nun gar nicht mehr auf dieser Liste. Friedbert Pflüger, der die Krise durch seine unzeitgemäße Attacke auf den Damals-noch-Landesvorsitzende Schmitt verursacht hatte, darüber seinen Posten als Fraktionschef verlor und der Berliner Union durch ein Mandat für das Europaparlament verbunden bleiben wollte, steht nun ohne alles da. Ob aus diesen beiden für Berliner-CDU-Verhältnisse radikalen Schnitten ein Aufbruch wird, das muss sich noch zeigen.
Auf jeden Fall aber soll die Kungelei in Hinterzimmern um die Postenvergabe bei der CDU soll vorbei sein. Als erster Kreisverband werde Pankow die Mitglieder entscheiden lassen, wer Kandidat bei Wahlen werden soll, sagte am Sonntag, dem Tag danach für die Berliner CDU, der Kreischef Peter Kurth. Die Satzung solle im Februar geändert werden. Da darüber in fast allen Kreisverbänden diskutiert werde, sei er zuversichtlich, dass auch andere in der CDU dem Beispiel Pankows folgen werden, sagte Kurth. Das oft kritisierte Delegiertenprinzip wäre dann passé.
Große Spannungen hatten von Beginn an auf und über der Landesvertreterversammlung am Samstag gelegen. Schon am Freitagabend hatte der Landesvorstand seine Empfehlungen für die Liste der Bundestagskandidaten und der Kandidaten für das Europaparlament beschlossen: Schmitt auf dem sicheren dritten Listenplatz; Pflüger kam nicht vor. Landeschef Frank Henkel erklärte den Sonnabend zum Tag der Delegierten: keine Ansage, keine Vorgaben – aber auch nicht der früher übliche Delegiertengehorsam gegenüber den Kreischefs.
246 Frauen und Männer von der Basis trafen sich in der schön restaurierten Aula der Max-Taut-Schule in Lichtenberg. Auch die Linkspartei nutzt das Gebäude gern für ihre Parteitage. Wie erwartet und empfohlen, wählte die CDU-Basis Henkels designierte Vize-Chefin Monika Grütters auf Listenplatz eins und Karl-Georg Wellmann, der als einziger CDU-Mann seinen Wahlkreis 2005 direkt geholt hatte, auf Platz 2. Und dann ging es los.
Ingo Schmitt, Ex-Landeschef, kandidierte wie abgesprochen für den dritten Platz. Aber gegen ihn trat Niels Korte aus Treptow-Köpenick an, außerdem die Neuköllner Kreisvorsitzende Stefanie Vogelsang. Schmitts Vorstellungsrunde provozierte Rufe aus dem Publikum, spöttische Bemerkungen waren zu hören. Er sei immer „verlässlich“ gewesen, so Schmitt über sich. Dann beklagte er sich über die geforderten neuen Umgangsformen. Früher sei es üblich gewesen, dass Gegenkandidaturen vorher angemeldet wurden. Schmitts indirekte Kritik daran, dass er Gegenkandidaten hatte, brachte Zuhörer zum Lachen.
Korte und auch der Kreischef Fritz Niedergesäss hielten Schmitt vor, er habe es mit dem Neuanfang nicht ernst gemeint und in seiner Zeit als Landeschef nichts für den Osten getan. Korte sagte, es sei „grotesk“, dass die starken Kreischefs gleich nach der Wahl Henkels in alte Gewohnheiten zurückgefallen seien. Vogelsang erinnerte daran, dass sie in der jüngsten Personalkrise Schmitts Rücktritt gefordert hatte. Dass sie sich damit keine Freunde gemacht habe, sei ihr bewusst gewesen.
Dann überraschte sich diese CDU zum ersten Mal selbst: Vogelsang siegte über Schmitt und holte im zweiten Wahlgang den dritten Listenplatz mit 127 gegen 115 Stimmen; Schmitt will nun als Direktkandidat in seinem Wahlkreis Charlottenburg- Wilmersdorf sein Mandat verteidigen. Nach der Wahl unterbrach Generalsekretär Bernd Krömer die Versammlung – „auf Wunsch der Kreisvorsitzenden“. Nach Buhrufen, Protesten und einer deutlichen Geste von Henkel, schwenkte Krömer um: „Der Wunsch nach Unterbrechung wird zurückgenommen.“
Die zweite große Entscheidung fiel Stunden später. Pflüger gegen Jochim Zeller. Schon die Zahl derer, die für Zeller waren, ließ den Ausgang der Wahl ahnen. Auch hatte Frank Henkel bei dieser Entscheidung gesagt, wie er votieren wollte: für Zeller. So kam es – Zeller bekam 143 Stimmen, Pflüger 94.Werner van Bebber
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