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Von Alexander Fröhlich: Aus für Genmais?

Im Hauptanbauland Brandenburg herrscht Skepsis CDU-Politiker Helm kritisiert geplantes Verbot

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Potsdam/Berlin – Der schärfere Kurs von Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) gegen den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft stößt in Brandenburg – dem Bundesland mit der größten Anbaufläche für Genmais – auf geteiltes Echo. Der Bauernbund – die kleinere Ständevertretung der Familienbetriebe – begrüßte gestern die Ankündigung Aigners, ein Verbot für die einzig in Deutschland zugelassene Sorte Mon 810 der US-Firma Monsanto zu prüfen und bei Verstößen der Hersteller gegen Überwachungsauflagen die Zulassung zu entziehen. „Das wäre ein Segen für Brandenburg“, sagte Geschäftsführer Reinhard Jung. Vor zu viel Polemik warnte Wolfgang Scherfke, Hauptgeschäftsführer des konkurrierenden, größeren Landesbauernverbandes. Deutschland könne sich auf globalisierten Märkten nicht abschotten.

Skeptisch zeigte sich das Verbraucherschutz-Ministerium in Potsdam. Es dürfe nicht bei Ankündigungen bleiben, vielmehr müsse Aigner Druck im Agrarministerrat der Europäischen Union (EU) machen. Die CDU-Fraktion im Landtag kritisierte, Aigner setzte Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und der Spitzenforschung aufs Spiel. Aigners Position zur Gentechnik sei grüner als die der Grünen, sagte der agrarpolitische Fraktionssprecher Dieter Helm, in der DDR selbst Chef einer LPG. Mit ihrer Meinung stehe die CSU-Ministerin isoliert in der Union da.

Aigner hatte erklärt, die Gentechnik brächte keinen Nutzen, die Verbraucher lehnten diese ab. Im Zweifel würde sie den Anbau von Genmais untersagen. Zudem suche ihr Haus trotz enger Spielräume durch EU-Recht nach einer Lösung, damit sich ganze Bundesländer und Regionen zu gentechnikfreien Zonen erklären können. Hintergrund sind entsprechende Bestrebungen Bayerns.

Aus dem brandenburgerischen Agrarministerium hieß es, es sei schwierig, einen rechtlich sicheren Weg zu finden, um solche Regionen einzurichten. In Brandenburg gibt es acht solcher freiwilligen Zusammenschlüsse. Der Anbau sei aber generell erlaubt, die Länder dürften den Verzicht nicht einfach verordnen, erklärte der zuständige Referatsleiter Peter Rudolph. Vielmehr müsste die EU-Kommission einen Rechtsakt erlassen, damit sei aber nicht zu rechnen. Aigner könne jedoch gentechnikfreie Regionen durchaus finanziell unterstützen. Auch bei der Zulassung von Genmais sei die Landwirtschaftsministerin machtlos: „Ihre Ankündigung nützt nichts, weil die Zulassung von Mon 810 EU-Recht ist“, sagte Jens-Uwe Schade, Sprecher des Potsdamer Agrarministeriums. Zudem habe die EU-Kommission bislang keine konkreten Überwachungsauflagen erteilt, daher gebe es auch keine Verstöße, so Rudolph.

Brandenburg – wie Ostdeutschland überhaupt - mit den großen zusammenhängenden Anbauflächen aus DDR-Zeiten ist Schwerpunkt für die Aussaat von Genmais. 2008 wuchs in der Mark auf 1244 Hektar Land Mon 810, laut Standortregister des Bundesamtes für Verbraucherschutz knapp 40 Prozent der bundesweiten Anbaugebiete von 3173 Hektar. 2007 waren es 1346 Hektar (50 Prozent), im Jahr zuvor 442 Hektar (47 Prozent). Derzeit sind für die Aussaat im Mai 1652 Hektar angemeldet, deutlich weniger als zu dieser Zeit im Vorjahr (2000 Hektar). Tatsächlich bleibt der Anteil an allen Agrarflächen äußerst gering, laut Bauernbund machen Genmais-Felder gerade 0,1 Prozent aus.

Wie aus dem Potsdamer Agrarministerium verlautete, kämen nun keine neuen Landwirte hinzu, die sich angesichts der Debatte um Genmais und Feldzerstörungen durch Gegner darauf einlassen wollen. Minister Dietmar Woidke (SPD) gilt als erklärter Gegner und verfolgt eine restriktive Politik. 2008 verfügte er deutschlandweit erstmals Mindestabstände zwischen Genmais-Feldern und Naturschutzgebieten, wiederholt hatte er vor nicht geklärten Risiken für die Natur und Imageschäden für den Tourismus gewarnt. „Im Spreewald ist man gar nicht glücklich, wenn Brandenburg mit Genmais auf Platz eins gemeldet wird, obwohl der Anbau nur im Promille-Bereich liegt“, sagte Ministeriumssprecher Schade gestern. Woidke selbst hatte immer wieder auf den Imageschaden für das Land und die Tourismuswirtschaft und die brandenburgischen Ökobetriebe verweisen.

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