Brandenburg: Ausbaden
Nach dem Erfolg droht der Therme Templin das Aus – Mit Millionen müssen Mängel beseitigt werden
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Nach dem Erfolg droht der Therme Templin das Aus – Mit Millionen müssen Mängel beseitigt werden Von Claus-Dieter Steyer Templin - Mit einer ungewöhnlichen Botschaft wendet sich das große Thermalbad in Templin auf seiner Internetseite an die Besucher: „Es gibt uns noch, wir haben geöffnet und freuen uns auf Ihren Besuch!!“. Es habe in letzter Zeit „Unkenrufe“ und „weniger schöne Nachrichten“ gegeben. Die Naturtherme räumt „einige Baumängel“ ein, die nächstes Jahr in einer mehrmonatigen Schließzeit behoben würden. Doch die Lage der Touristenattraktion in dem Uckermark-Städtchen mit seinen restaurierten Fachwerkhäusern und der fast vollständig erhaltenen Stadtmauer ist weitaus ernster: Nur mit sehr viel Geld kann die Insolvenz der vor fünf Jahren fertig gestellten Therme noch verhindert werden. Auf rund neun Millionen Euro beziffert die Templiner Stadtkämmerin Ursula Heise den Sanierungsaufwand. Und es ist völlig ungewiss, ob die 10 000-Einwohner-Stadt das Geld für das Thermalbad aufbringen kann, das ihr zu 100 Prozent gehört. Rund 27 Millionen Euro Fördermittel aus den Kassen des Bundes, des Landes und der EU waren in die Naturtherme geflossen. Dazu nahm die Stadt Kredite auf und steckte den Erlös vom Verkauf eines großen Ferienhotels in das Freizeit- und Gesundheitsbad, um die Gesamtkosten von 36 Millionen Euro aufzubringen. Der Erfolg schien den Planern zunächst Recht zu geben. In den ersten beiden Jahren nach der Eröffnung tummelten sich in den Becken, in dem Sauna- und dem Massagebereich rund 400 000 Gäste, die meisten davon aus Berlin. 2004 kamen nur noch 340 000 Besucher, in diesem Jahr werden 310 000 erwartet. Zur allgemeinen Konsumflaute und der hohen Arbeitslosigkeit trat wachsende Konkurrenz. Die Ausflügler finden inzwischen in allen Himmelsrichtungen Thermal- und Freizeitbäder (siehe Kasten unten). Bereits im Vorjahr konnte die Templiner Therme die Insolvenz nur knapp vermeiden. Die Schuld an der Lücke zwischen Ausgaben und Einnahmen wurde dem Geschäftsführer und Kurdirektor gegeben, der über Nacht seinen Posten räumen musste. Bürgermeister Ulrich Schoeneich, kürzlich aus der SPD ausgetreten, hat seitdem einen schweren Stand im Stadtparlament. Doch alle Versuche, ihn wegen der Probleme mit der Therme und anderer Entscheidungen abzuwählen, scheiterten bislang. In der Stadtkasse fehlen schon jetzt fünf Millionen Euro – und an der Therme stellten Gutachter ganze 460 Bau- und Planungsfehler fest. So sickert durch das begrünte Dach Regenwasser, sind die Wannen der Badebecken undicht, rosten Pumpen und elektronische Bauteile durch das Solewasser und halten Fliesen nicht mehr an den Wänden. „Leider können wir alle am Bau beteiligten Firmen nicht mehr belangen“, sagt Bürgermeister Schoeneich. Sie seien mittlerweile alle insolvent. Die Besucher spüren davon allerdings ebenso wenig wie die Tester des Deutschen Heilbäderverbandes. Sie bescheinigten dem Bad eine hohe medizinische und therapeutische Kompetenz, einen guten Service und dem Ort eine gut ausgebaute Infrastruktur für den Gesundheitstourismus. Am 26. Juli sollen die Stadtverordneten über den Sanierungsplan abstimmen. Templin wird wohl einen weiteren hohen Kredit aufnehmen und Vermögen verkaufen müssen. Und das Land soll zwei Millionen Euro aus dem Topf für Tourismusförderung zahlen – damit sollen im Zuge der Bauarbeiten die Angebote des Bades weiter ausgebaut werden. Wenn die Therme im nächsten Jahr zwischen Ostern und Weihnachten wegen der Bauarbeiten geschlossen bleiben muss, werden Einnahmeverluste von über einer Million Euro erwartet. Auch dafür soll das Land einspringen. Im Wirtschaftministerium heißt es vorsichtig, das Ansinnen werde geprüft. Einem anderen touristischen Aushängeschild Templins wurde die Landeshilfe gerade verweigert. Die erst im Vorjahr eröffnete Westernstadt „Silver Lake City“ muss die ganze Saison ausfallen lassen. Der Insolvenzverwalter der im April Pleite gegangenen Betreibergesellschaft fand keinen neuen Investor. Und die erhofften 6,4 Millionen Euro Fördermittel aus der Landeskasse blieben aus, weil die zuständige Investitionsbank ernste Zweifel am vorgelegten Konzept hatte. Schließlich waren in der ersten Saison nur 50 000 statt der erhofften 250 000 Besucher gekommen. Jetzt prüft der Geschäftsführer des Filmparks Babelsberg, Friedhelm Schatz, einen möglichen Einstieg im nächsten Jahr.
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