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Brandenburg: Bahn-Konzern lehnt Verkauf der S-Bahn ab

Finanzsenator könnte sich Übernahme vorstellen / Unternehmen weist neue Vorwürfe zurück

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Berlin - Die Bahn will die S-Bahn nicht an das Land Berlin verkaufen. Das Unternehmen wolle den bestehenden Vertrag mit dem Land erfüllen, sagte ein Sprecher am Dienstag. Der Verkehrsvertrag sichert der S-Bahn den Betrieb bis Ende 2017. Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) kann sich, wie berichtet, vorstellen, die S-Bahn zu erwerben, falls die Bahn sie zu einem „Schnäppchenpreis“ abgebe. Was der Senat zu zahlen bereit wäre, wollte Nußbaums Sprecher Daniel Abbou aber nicht sagen.

Würde das Unternehmen unter kommunaler Trägerschaft geführt, gäbe es keine Sparvorgaben zu Lasten der Wartung, sagte Abbou. Die S-Bahn ist unter Regie der Bahn AG dazu verpflichtet worden, jährlich Gewinne an den Konzern abzuführen, was nur durch einen rigiden Sparkurs möglich war. Mitarbeiter wurden versetzt oder geschasst, Werkstätten geschlossen, Fahrzeuge verschrottet und Wartungsfristen verlängert. Der Gewinn sei notwendig, um die Schulden der S-Bahn beim Mutterkonzern zu tilgen, argumentiert die Bahn AG. Der Konzern habe mehr als eine Milliarde Euro in neue Fahrzeuge investiert. Dabei vergisst die Bahn aber darauf hinzuweisen, dass von den 500 gekauften Viertelzügen, die jeweils aus zwei Wagen bestehen, 100 vom Bund finanziert worden sind. Außerdem sind die Zinsen und Tilgungen für den Kredit bereits in der Bilanz berücksichtigt.

So wird die S-Bahn unter Regie der Bahn ein profitables Unternehmen – auch Dank der Zuschüsse der Länder Berlin und Brandenburg. Beide überweisen zusammen jährlich rund 250 Millionen Euro an das Unternehmen, das für das nächste Jahr geplant hatte, 125 Millionen Euro als Gewinn abzuführen. Dieses Geld könnten sich die Länder sparen, wenn sie die S-Bahn selbst betreiben würden. Auf das Recht, den Vertrag vorzeitig zu kündigen, haben sie verzichtet. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hat aber, wie berichtet, vorgemacht, dass auch eine am Ende erfolglose Kündigung des Vertrags die Bahn zu Zugeständnissen bewegen kann.

Würde Berlin die S-Bahn erhalten, sei keine Fusion mit der BVG vorgesehen, sagte Abbou weiter. Ein solcher Versuch war bereits Anfang der 90er Jahre gescheitert. Von 1984 bis 1994 war die BVG schon einmal für den Betrieb der S-Bahn im Westteil der Stadt zuständig gewesen. Danach wurden die Betriebe in Ost und West wieder vereint. Nachteil einer Fusion wäre auch, dass bei einem Streik aller Mitarbeiter des fusionierten Betriebe der Nahverkehr der Stadt völlig lahm gelegt wäre. Die Folgen der Sparwut bei der S-Bahn hat ein ARD-Bericht zusammengefasst, teilweise aber auch falsch dargestellt. Unterstellt wurde, dass die Fahrzeuge der neuesten Baureihe möglicherweise gar nicht hätten zugelassen werden dürfen, weil die Bremsanlage mangelhaft dimensioniert sei. Deshalb habe es 2004 auch einen Auffahrunfall am Bahnhof Hackeschen Markt gegeben. Tatsächlich war der Triebfahrzeugführer aber mit zu hoher Geschwindigkeit an einem Haltsignal vorbeigefahren. Die Untersuchung des Fahrzeugs hatte ergeben, dass die Bremsen in Ordnung waren. Und dass es 2006 im Bahnhof Südkreuz einen weiteren Auffahrunfall gegeben hatte, war auf schmierige Schienen und fehlenden Bremssand zurückzuführen, was den Bremsweg verlängerte. Die Schienen waren zuvor von einem Messzug besprüht worden, was dem S-Bahn-Fahrer nicht mitgeteilt worden war. Die in den 90er Jahren entwickelte Bahn habe den damaligen Anforderungen entsprochen, heißt es beim Hersteller Bombardier, was das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) bestätigt. Und wenn sich danach Vorgaben ändern, müsse ein Fahrzeug nur nachgebessert werden, wenn die alten Regeln falsch gewesen wären, sagte Ralph Fischer vom EBA. Klaus Kurpjuweit

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