Von Alexander Fröhlich: Bauern wehren sich gegen Vattenfall
Landwirte um Neutrebbin und Beeskow wollen keine Kohlendioxid-Einspeicherung unter ihren Feldern
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Neutrebbin – Bauern und Landwirte im Oderbruch wehren sich gegen die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid (CO2). Der Energiekonzern Vattenfall will die Gegend um Neutrebbin (Märkisch Oderland) oder um Beeskow (Oder-Spree) untersuchen, ob sich die mehr als tausend Meter tiefen Gesteinsschichten als C02-Speicher eignen. „Wenn das kommt, dann habe ich in den letzten 20 Jahren umsonst gearbeitet“, sagte Landwirt Manfred Wercham (52). Auf 290 Hektar Land betreibt der Chef des regionalen Bauernbundes Ackerbau – Getreide, Erbsen, Raps. „Das Oderbruch hat den besten Boden in ganz Brandenburg.“
75 Agrarbetriebe haben sich nun zusammengeschlossen, ihre 30 000 Hektar Land machen die Hälfte des Oderbruchs aus. Die Landwirte fürchten um den Wert ihrer Grundstücke – und dass CO2 freigesetzt wird. „Wir wollen kein tödlich wirkendes Experiment in unserer Heimat“, heißt es in einem gemeinsam an Vattenfall gerichteten Brief. Darin untersagen die Landwirte dem Energiekonzern, ihre Fläche für seismologische Messungen zu betreten. „Wir bangen um das Leben unserer Menschen und um die Verseuchung unserer landwirtschaftlichen Flächen.“ Notfalls wollen die Bauern mit Traktoren die Wege für Vattenfall blockieren – wie bei den Protesten gegen Atommüllendlager im Wendland, hieß es.
Ob das Betretungsverbot Bestand hat, ist fraglich. Klaus Freytag, Präsident des brandenburgischen Bergbauamtes, sagte, größtenteils würde an öffentlichen Wegen und Flächen der Untergrund untersucht. Falls auf Privatland gemessen werden müsse, reiche die pauschale Ablehnung des Vorhabens nicht aus. „Im Interesse der Allgemeinheit kann es zu einer Duldungspflicht kommen.“
Noch arbeitet das Bergbauamt am Antrag von Vattenfall, dort für die Suche aktiv werden zu dürfen. Dann muss der Betriebsplan genehmigt werden. Weil das CCS-Gesetz zur Abscheidung und unterirdischen Speicherung von CO2 aus Braunkohleverstromung vorerst gescheitert ist und erst nach der Bundestagwahl kommen soll, mahnte Freytag zur Gelassenheit. Man wolle die Bürger aufklären.
Vattenfall zeigte sich gestern gesprächsbereit. Der für das CCS-Projekt zuständige Sprecher Damian Müller sagte: „Wir suchen den Dialog zu den Leuten, die den Brief unterschrieben haben, und mit jedem, dessen Gelände wir beanspruchen müssen.“ Vattenfall mache sich nichts vor – „das wird sicherlich ein längerer Prozess.“
Kritik kam von den Landwirten auch an der Landesregierung und deren Energiekonzept. Sie halte mit der Braunkohle und der Abscheidung von CO2 an einer „Technologie von vorgestern“ fest, hieß es. Wichtiger sei der Ausbau erneuerbarer Energien. Wenn die Landesregierung den Speicher wolle, müsse sie auch zu den Menschen in die Region kommen und mit ihnen darüber reden.
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