Brandenburg: BBG-Kauf auch aus BBG-Kasse bezahlt Privatisierung der florierenden Landesfirma wird zur Achillesferse für Ex-Finanzminister Speer (SPD)
Potsdam - In Brandenburgs Filz-Affäre lässt der Druck auf Innenminister und Ex-Finanzminister Rainer Speer (SPD) nicht nach: Dem 51-jährigen Vertrauten von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) drohen nun insbesondere Schwierigkeiten wegen des Verkaufs der Brandenburgischen Bodengesellschaft (BBG) im Jahr 2006, den auch der Landesrechnungshof und der von der Opposition aus CDU, FDP und Grünen erzwungene Untersuchungsausschuss unter die Lupe nehmen werden. Nach PNN-Recherchen steht der Verdacht weiter im Raum, dass in Speers Verantwortung das Land für die florierende Landesfirma zur Verwertung früherer Militärflächen zu wenig Geld nahm.
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Potsdam - In Brandenburgs Filz-Affäre lässt der Druck auf Innenminister und Ex-Finanzminister Rainer Speer (SPD) nicht nach: Dem 51-jährigen Vertrauten von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) drohen nun insbesondere Schwierigkeiten wegen des Verkaufs der Brandenburgischen Bodengesellschaft (BBG) im Jahr 2006, den auch der Landesrechnungshof und der von der Opposition aus CDU, FDP und Grünen erzwungene Untersuchungsausschuss unter die Lupe nehmen werden. Nach PNN-Recherchen steht der Verdacht weiter im Raum, dass in Speers Verantwortung das Land für die florierende Landesfirma zur Verwertung früherer Militärflächen zu wenig Geld nahm. Die BBG war nach einer europaweiten Ausschreibung von der TVF Altwert mit dem Geschäftsführer Frank Marczinek gekauft worden, der inzwischen seit 2009 Vorstand im von Speer als Präsident geführten Verein Babelsberg 03 sitzt.
Brandenburg erhielt für die BBG nach der Bilanz für 2007 der TVF Altwert GmbH, die den Neuerwerb verbuchte, 638 410,70 Euro. Diese Summe erfuhr das brandenburgische Parlament allerdings nie. In einem Brief vom 7.11.2006 an den Haushaltsausschuss des Landtages von Speer und in einer Pressemitteilung der Staatskanzlei zur erfolgreichen Privatisierung war stattdessen von stattlichen 3,9 Millionen Euro die Rede, die das Land erhalte, allerdings mit dem nicht näher erklärten Hinweis „teilweise über eine Ausschüttung von der Gesellschaft“. Im Klartext: Die TVF Altwert finanzierte rund 3,3 Millionen Euro des Kaufpreises für die BBG aus dem Vermögen der gerade gekauften Landesfirma. Die stand bestens da. Sie hatte in den Vorjahren Gewinne erwirtschaftet und wegen der seit 2004 für Ende 2006 eigentlich planten Liquidation Rücklagen in Millionenhöhe für Sozialpläne angehäuft. Nach ihrer Bilanz machte die BBG 2005 – das Jahr vor der Privatisierung – einen Umsatz von 5,6 Millionen Euro, erwirtschaftete einen Überschuss von 831 000 Euro. Damals betrug das Eigenkapital 2,5 Millionen Euro, gab es Rückstellungen über 2,59 Millionen Euro. Und parallel zum Verkauf schloss das Finanzministerium einen Geschäftsbesorgungsvertrag, das der nun privaten BBG bis 2009 einen Landesauftrag in einem Gesamtumfang von 5,4 Millionen Euro sicherte. Inzwischen wurde der Vertrag bis 2013 verlängert, in einem Umfang über 4,6 Millionen Euro.
Diese Vorgänge um die BBG sind auch deshalb so brisant, weil Speer sich für beide Verträge nicht die Zustimmung des Finanzausschusses im Landtag einholte – anders als beim umstrittenen Verkauf der Krampnitz-Kaserne, wo dem Haushaltsausschuss bei der Zustimmung mit SPD/CDU-Mehrheit alle relevanten, jetzt umstrittenen Fakten zu Kaufpreis oder Investitionszeitraum bis 2023 vorlagen. Lediglich die Linken äußerten Bedenken an dem Geschäft. SPD und CDU-Vertreter winkten den Deal durch.
Beim BBG-Verkauf dagegen wurde der Finanzausschuss des Landtages zwar allgemein informiert, nicht aber über die konkreten Verträge. Auf Anfrage verteidigte Speer am Freitag gleichwohl den BBG-Verkauf, das Verfahren und die Konditionen. Er habe persönlich eine europaweite Ausschreibung durchgesetzt, eine Anwaltskanzlei, die renommierte Sozietät Grassner, Groth & Siedler damit befassen lassen, damit alles korrekt laufe. TVF habe sich unter sechs Bietern durchgesetzt. Freilich, das Finanzministerium lehnt Angaben zu den unterlegenen Bietern ab. Und Speer betont: „Ich habe die Verantwortung, an den eigentlichen Verhandlungen aber nie teilgenommen.“ Er verwies darauf, dass die Firma 40 Mitarbeiter übernommen habe. Die Sozialplan-Rückstellungen für die Zahlung des Kaufpreises zu verwenden, sei „rechtmäßig und übliches Geschäftsgebaren“. Er verglich dies mit dem Verkauf einer möblierten Immobilien, wo der Käufer auch das Mobiliar veräußern könne. „Ich habe ein reines Gewissen.“ Auch das vom Linken Helmuth Markov geführte Finanzministerium erklärt, dem Land seien durch dieses Geschäft keine Einnahmen entgangen. „Dem Land sind keine Nachteile entstanden.“ Man darf gespannt sein, ob Rechnungshof, Untersuchungsausschuss und Staatsanwaltschaft das auch sehen. Thorsten Metzner
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