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Polizeibilanz: Bedrohliche Entwicklung
Kriminalitätsbilanz: Wegen der erneut gesunkenen Aufklärungsquote bricht die Debatte um die laufende Polizeireform neu auf
Stand:
Potsdam - Im Land Brandenburg klärt die Polizei immer weniger Straftaten auf. Die Aufklärungsquote sank in der Kriminalstatistik für 2011, die Innenminister Dietmar Woidke (SPD) am Mittwoch in Potsdam vorstellte, auf 51 Prozent - und damit den Tiefstand seit 1997. Selbst der Polizeipräsident des Landes, Arne Feuring, sprach von einer „bedrohlichen“ Entwicklung. Die CDU-Opposition, aber auch die Gewerkschaft der Polizei und der Bund der Kriminalbeamten führen diesen „Offenbarungseid“ auf die laufende Polizeireform zurück, bei der die Zahl der Polizisten von derzeit knapp 8700 bis 2019 auf 7000 Polizisten reduziert werden soll. Woidke zeigte sich zuversichtlich, dass 2012 die Aufklärungsquote nach oben geht, da die neue Struktur der Polizei jetzt stehe.
Im vorigen Jahr lag die Aufklärungsquote noch bei 54 Prozent. Die Zahl bleibt deutlich schlechter als in fast allen anderen Flächenländern, auch im Osten. Zu Zeiten des Innenministers Jörg Schönbohm (CDU) waren es noch 59 Prozent. Zwar wurden in Brandenburg erstmals weniger als 200 000 Straftaten registriert, drei Prozent weniger als 2010. Auch bei Gewalttaten gehöre Brandenburg zu den sichersten Ländern in Deutschland, betonte Woidke. Rückläufig sei auch die Jugendkriminalität. Doch insgesamt hält Brandenburg unter den Flächenländern bei der Kriminalitätsbelastung mit 7896 Straftaten je 100 000 Einwohner weiter den Spitzenplatz. Ein Hauptgrund ist der starke Anstieg von Diebstählen, 83 605 waren es, knapp 2400 mehr als im Vorjahr, wobei die Grenzregion und das Berliner Umland, Wohnungseinbrüche und KfZ-Diebstähle sowie Internetdelikte Schwerpunkte sind. In Brandenburg werden täglich etwa zehn Autos gestohlen - zwei Fälle davon werden aufgeklärt wird. 2011 gab es 3963 KfZ-Diebstähle, die Aufklärungsquote war mit 17,3 Prozent so gering wie nie zuvor. Bei Wohnungseinbrüchen sieht die Aufklärungsquote mit 21 Prozent nicht viel besser aus. Als einen Grund für den Negativtrend führte Woidke die Polizeireform an, durch die 2011 die „besten Kollegen monatelang in Aufbaustäben saßen“.
Allerdings konnte der Minister Woidke auch einen positiven Trend vermelden. In Brandenburg, früher eine Hochburg rechtsextremer Übergriffe, gibt es zumindest bei politisch motivierten Straftaten eine spürbare Wende zum Besseren. „Die Gewalt von rechts ist auf dem Rückzug“, sagte Woidke. In einem Umfeld, das von der Debatte um den NSU-Terror und ein NPD-Verbot geprägt sei, sei das erfreulich. Konkret gab es im Vorjahr in Brandenburg noch 36 Gewaltdelikte aus dem „braunen“ Milieu, davon 20 Fälle mit fremdenfeindlichem, zwei mit antisemitischen Hintergrund. Es ist der niedrigste Stand seit langem. Im Vorjahr waren es noch 66 Rechte-Gewalttaten, 2004 sogar noch 105.
Nach Angaben von Woidke hat sich ein jahrelanger Rückgang damit fortgesetzt. Das gilt auch für die politisch-motivierte Kriminalität insgesamt, bei der die 1140 rechten Delikte (insgesamt 1410 Straftaten) den Mammutanteil ausmachen. Allerdings, sie nehmen auch nicht ab. 2010 hatte die Polizei 1141 politisch-motivierte Straftaten von rechts registriert, also quasi genau so viele. „Von einer Entwarnung kann deshalb keine Rede sein“, sagte Woidke. Die Grüne-Innenexpertin im Landtag Ursula Nonnemacher erinnerte daran, dass der Landesverfassungsschutz in seinem aktuellen Bericht ein „an der Einwohnerzahl gemessenes erhebliches Potenzial" von 1170 Rechtsextremen im Lande sehe.T. Metzner
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