Brandenburg: Beim Klassenausflug vom Findling überrollt
Die zwei Berliner Mädchen hatten den großen Stein offenbar freigebuddelt. Plötzlich geriet er ins Rutschen und begrub die Kinder. Sie wurden lebensgefährlich verletzt
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Berlin- Zwei zehnjährige Mädchen sind am Freitagvormittag im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick auf einem Wandertag beim Spielen von einem schweren Findling überrollt und lebensgefährlich verletzt worden. Die Lehrerin, die die Klasse auf dem Wandertag begleitete, erlitt einen schweren Schock und kam ebenfalls in eine Klinik. Nach Angaben des für den Park zuständigen Stadtrats Rainer Hölmer (SPD) sollen die beiden Mädchen den schweren Stein „unterbuddelt und unterhöhlt“ haben, worauf er ins Rutschen geriet.
Die große Senke am Rand des Landschaftsparks Johannisthal ist ein beliebtes Ausflugziel für Kinder. Das Gelände lädt zum Herumtollen, Buddeln und Klettern ein, doch der vermeintliche Abenteuerspielplatz wurde für die beiden Mädchen zum Verhängnis. Beim „Schatzsuche-Spielen“, so erklärte ein Sprecher der Feuerwehr, löste sich ein 500 Kilo schwerer Findling aus der Böschung und begrub die Kinder unter sich. Spaziergängern sei es dann gelungen, den Stein anzuheben und die Kinder herauszuziehen. „Das hat den Kindern vermutlich das Leben gerettet“, sagte ein Feuerwehrsprecher. Eines der zehnjährigen Mädchen aus der Gingko-Baumschule in Johannisthal (Treptow) wurde mit lebensgefährlichen Kopfverletzungen ins Weddinger Virchow-Klinikum geflogen, das andere Mädchen kam mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus Neukölln.
Treptow-Köpenicks Baustadtrat Rainer Hölmer erklärte, nach seinen bisherigen Erkenntnissen hätten die Kinder den Stein „unterbuddelt und unterhöhlt“. Daraufhin sei der Findling die Böschung hinabgerutscht und habe die Kinder unter sich begraben. „Ein tragischer Unfall.“ Dass die Anlage unsicher konstruiert worden sei, schloss der Stadtrat kategorisch aus. „Keiner konnte sich vorstellen, dass Kinder so spielen.“
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gebe es deshalb keinen Anlass, nach einem Schuldigen zu suchen, sagte Hölmer. Im Polizeipräsidium hieß es dagegen am Nachmittag, dass ein Ermittlungsverfahren wegen „Körperverletzung durch Unterlassen“ eingeleitet worden sei gegen Unbekannt. Es werde geprüft, ob sich die für den Park Verantwortlichen einer Pflichtverletzung schuldig gemacht haben, sagte eine Sprecherin.
Die Verkehrssicherheit, für die der Bezirk verantwortlich ist, sei nicht beeinträchtigt gewesen, beharrte dagegen Stadtrat Hölmer. Er hoffe, dass man dazu auch bald die Kinder selbst befragen könne. In der Böschung der nach dem Vorbild einer „Eiszeitrinne“ gestalteten Senke lagen die schweren Findlinge offenbar ohne jede Verankerung. Die Anlage gehört zum Landschaftspark, der vor mehreren Jahren auf dem ehemaligen Flugplatz Johannisthal von Bezirk und Senat angelegt wurde. „Hier soll „Natur für Großstadtkinder erlebbar“ sein, sagte der Stadtrat, noch nie habe es dort einen vergleichbaren Unfall gegeben.
Mitarbeiter des Grünflächenamtes zogen am Freitag dennoch alle Steine mit Seilen in die Senke hinab, um weitere Unfälle auszuschließen. Dass Untersuchungen zum Hergang des Unglücks damit vereitelt wurden, wollte Hölmer nicht bestätigen. „Ein Sachverständiger sollte nach wie vor in der Lage sein, das zu prüfen.“ Die Polizei hat den Unglücksort nach eigenen Angaben inspiziert, bevor die Steine verschoben wurden. „Es sollte ausgeschlossen sein, dass so etwas passiert“, sagte Eckhard Lange vom Bund deutscher Landschaftsarchitekten. „Der Bezirk muss die Anlage in regelmäßigen Abständen überprüfen, ähnlich wie bei Spielplätzen.“ Eine TÜV-Abnahme gebe es allerdings nicht. Der Bezirk könne bei Unfällen auch den Landschaftsarchitekten für einen „Planungsmangel“ verantwortlich machen. Dann würde die Haftpflichtversicherung des Büros eintreten.
Die Gingko-Baumschule hatte am Freitag einen Wandertag für alle 350 Schüler organisiert; die Klassen hatten unterschiedliche Ausflugsziele. Die Lehrerin der betroffenen 5. Klasse erlitt als Augenzeugin des Unfalls einen schweren Schock. Um Kinder und Lehrer psychologisch zu betreuen, wurden zwei Seelsorgerinnen in die Schule geschickt. In der Gingko-Baumschule wollte am Freitag niemand Stellung nehmen, das Sekretariat verwies an die Polizei. Die Grundschule an der Treptower Springbornstraße liegt nur etwa einen Kilometer von der Unglücksstelle entfernt.
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