Brandenburg: BER muss nach Start kein Millionengrab werden
Mehdorn will noch 1,1 Milliarden Euro, um Flughafen fertig zu bauen. Nach einer neuen Prognose wäre der BER dann lebensfähig
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Berlin/Potsdam - Hartmut Mehdorn hat sich festgelegt: Er braucht von Berlin, Brandenburg und dem Bund noch 1,1 Milliarden Euro, aber nicht mehr, um den Pannen-Airport in Schönefeld fertig zu bauen. Das hat der Flughafenchef am Wochenende in Interviews erklärt. Es seien zudem nicht alles Mehrkosten, „wir bauen auch mehr Flughafen“. Allerdings nannte Mehdorn eine falsche, um 400 Millionen Euro zu geringe Endsumme. Er sprach von 5,4 Milliarden Euro. Tatsächlich werden es 5,8 Milliarden Euro sein, die der neue Flughafen gekostet haben wird.
Im Gegensatz zu Mehdorns Schönrechnerei sind nach Flughafen- und Gesellschafterangaben bereits 4,7 Milliarden Euro in den einst mit 2,5 Milliarden Euro kalkulierten BER geflossen. Und zwar über Zuschüsse der Eigentümer, Kredite und vom Flughafen selbst erwirtschaftetes Geld. Wie teuer der BER am Ende wird, soll Mehdorn dem Aufsichtsrat bis zur Sitzung Ende Juni präsentieren. Einen Eröffnungstermin wird es dann aber noch nicht geben. Mehdorn sagte, dass der „spätestens Ende des Jahres“ bekannt gegeben wird, und zwar einer, für den er sich verbürge. „Das garantiere ich.“ Nach PNN-Informationen peilt Mehdorn weiter einen Start im Jahr 2016 an, was angesichts der Technikprobleme ehrgeizig ist. Die BER-Finanzlage verschärft sich aber offenkundig nicht weiter. Noch vor wenigen Wochen hatte Mehdorn erklärt, dass in den 1,1 Milliarden Euro die Ertüchtigung des alten Schönefelder Terminals – dort sollen zusätzlich Billigflieger abgefertigt werden – sowie die Sanierung der aus DDR-Zeiten stammenden Nordbahn nicht enthalten sind. Der Flughafen braucht weitaus weniger Geld für Schadenersatz wegen der kurzfristigen Absage 2012. Signalwirkung hat der Vergleich mit der Gesellschaft Air Berlin, die einst 48 Millionen Euro wollte, sich jetzt aber mit 2 Millionen Euro begnügte.
Nach außen gibt sich Mehdorn regelmäßig zuversichtlich, wie es vorangeht. Doch selbst intern steht der BER-Chef damit ziemlich allein. Nach einem von der B. Z. jetzt publik gemachten Status-Bericht hat Mehdorn anonym zwölf BER-Verantwortliche mit Handampeln abstimmen lassen, wo sie das Projekt sehen: Zehn schalteten Rot, einer Gelb, nur einer Grün. Und es droht neuer Ärger. Die bekannten Vergabeverstöße am BER, Millionenaufträge ohne Ausschreibungen, durch die etwa die Korruptionsaffäre um den gefeuerten Technikchef Jochen Großmann überhaupt möglich wurde, haben nun den Europäischen Rechnungshof auf den Plan gerufen. Die Streitsumme von 30 Millionen Euro, die womöglich zurückgefordert werden, ist allerdings überschaubar.
Sollte Mehdorn den BER mit 1,1 Milliarden Euro fertig bauen, wären das keine schlechten Aussichten. Nach einer dieser Zeitung vorliegenden, bislang unveröffentlichten Prognose des Chemnitzer Finanzwissenschaftlers Friedrich Thießen, der für die Grünen ein BER-Wirtschaftlichkeitsgutachten erstellt hat, könnte der dann 5,8 Milliarden Euro teure BER immer noch auf eigenen Füßen stehen. Zwar stünde in der Bilanz nach dem Start ein jährlicher Verlust von 194,9 Millionen Euro, die abgeschrieben würden. Entscheidend ist, dass der Airport mit einem immer noch positiven Cash-Flow von 39,9 Millionen Euro, die für Investitionen genutzt werden könnten, Geld in den Kassen hätte. Die Flughafengesellschaft bräuchte entgegen allen Befürchtungen bei den staatlichen Eigentümern kein Steuergeld mehr nachfordern.
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