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Willkommen in der Maschine. So sieht es im Inneren der Anlage aus, die die Ingenieure als „Monster“ bezeichnen.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: BER-Planer gucken in die Röhren

Der neue Rückschlag bei der Entrauchungsanlage beschert der Flughafengesellschaft viel Arbeit. Der Technikchef fordert jetzt Pragmatismus

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Potsdam - Für die Ingenieure am künftigen Flughafen ist sie das „Monster“. Nun ist die BER-Entrauchungsanlage erneut der Grund für einen Rückschlag auf der Baustelle. Der kann das Aus für die Ende 2017 geplante Eröffnung bedeuten und macht eine Verschiebung ins Jahr 2018 nach Recherchen dieser Zeitung höchstwahrscheinlich: Technikchef Jörg Marks hat in einem Rundschreiben BER-Projektbeteiligte über neue Schwierigkeiten informiert. Der Anlass: Das Bauordnungsamt (BOA) des Landkreises Dahme- Spreewald hat Probleme mit dem wichtigsten eingereichten Bauantrag und stellt Nachforderungen. Die „baurechtliche Abnahmefähigkeit“ ist für die Behörde bisher nicht gewährleistet.

Die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) „prüft diese Hinweise ernsthaft und zuverlässig“, heißt es im Schreiben von Marks, das den PNN vorliegt. Man werde nun „im Dialog mit der Bauaufsichtsbehörde zu klären haben, welche dieser Feststellungen zwingend vor der Genehmigung gelöst werden müssen oder aber als Forderungen Teil der Genehmigung sein können“. Im Klartext: Es drohen erstens Verzögerungen im Genehmigungsverfahren und zweitens zusätzliche Auflagen. Flughafensprecher Daniel Abbou bestätigte auf Anfrage das Marks- Schreiben: „Wir sind mit dem Bauordnungsamt im Gespräch, wie man die Probleme lösen kann.“ Die Auswirkungen auf den aktuellen Fahrplan und der Umfang möglicher Verzögerungen sind nach seinen Worten derzeit noch nicht seriös einzuschätzen.

Es geht um die Entrauchungsanlage, die vor dem BER-Start in drei beherrschbare Anlagen aufgeteilt und umgebaut werden soll. Die Unterlagen dieses sogenannten 5. Nachtrages – der umfasst 10 000 Seiten – hatte der Flughafen erst im Februar eingereicht, bereits deutlich verspätet. Spätestens Ende April sollen die Arbeiten losgehen, im Sommer fertig sein. Das wird nun später. „Grundsätzlich geht das BOA nach wie vor von einer Genehmigungsfähigkeit des 5. NT aus“, schreibt Marks zwar. Doch sei der Flughafen „mit der Eingangsbestätigung aufgefordert worden, noch einzelne zusätzliche Nachweise, Planungen und Bauvorlagen zu liefern, um die Genehmigungs- und vor allem baurechtliche Abnahmefähigkeit nachzuweisen.“

Es folgt eine Auflistung von Nachforderungen der Behörde, die 2012 die Freigabe einer Baustelle als Großflughafen verweigert hatte. So werden vom Flughafen zusätzliche Nachweise gefordert. „Zu den Systemlauflaufzeiten der Entrauchungsanlagen (bis zur kompletten Wirksamkeit) fehlt der Behörde die nochmalige separate Bestätigung der Planer und Firmen.“ Vor allem aber geht es um vorgeschriebene Simulationen, dass die Anlage in allen denkbaren Brandszenarien im Terminal funktioniert, in dem täglich 60 000 Passagiere unterwegs sein werden. Der Nachweis ist weitgehend erbracht, aber eben nicht ganz. „Von den 188 eingereichten Entrauchungsszenarien ist bei 13 Entrauchungsszenarien das Ergebnis der Simulation schlechter als im genehmigten 3. Nachtrag.“

Das ist eine Folge des Pfuschs im Terminal, der durch wilde Umbauten zu einem Schwarzbau wurde. Inzwischen macht die Sanierung Fortschritte. Mit dem 5. Nachtrag, erläutert Marks, habe „man die ,vorgegebene Architektur‘ und die tatsächlich verbaute Wirklichkeit sauber berücksichtigt“. Trotzdem gibt es die Genehmigung nur, wenn die Anlage bei allen Szenarien die Anforderungen erfüllt. „Die das BSK (Anm. d. Red: Brandschutzkonzept) prüfende Behörde bewertet diese eingereichten 13 Szenarien in dem eingereichten Zustand als nicht akzeptabel“, teilt Marks mit. Dies stehe zwar im Widerspruch zur Aussage eines Sachverständigen. Nötig seien, in Abstimmung mit der Bauaufsicht, Nacharbeiten: „Im Ergebnis der Nachsimulationen könnte jetzt ein etwas höheres Bausoll entstehen.“ Das ist nicht die einzige Forderung. „Außerdem gibt es einen Hinweis zu den von uns im Projekt bereits seit Jahren verbauten Rauchschürzen, dass immer noch die Nachweisführung der Ansteuerung im Hinblick auf die Konformität zum Brandschutzkonzept nicht endständig beschrieben ist.“ Es werde, „zusätzlich eine Bestätigung der Abnahmefähigkeit durch die Sachverständigen der betroffenen Gewerke gefordert“. Ein weiterer Punkt sei, so Marks, „dass wir der Behörde einen ingenieurtechnischen Nachweis zur Ausführung der Nachströmung im C-Riegel vorgelegt haben, der aus Sicht der Behörde nicht den brandschutztechnischen Anforderungen des BSK entspricht“. Man müsse „nochmals diese Unterlage nachbessern“.

Wie umfangreich die drohenden neuen Verzögerungen sind, ob Wochen oder Monate, ist bislang ungeklärt. Der Flughafen will die Probleme seriös lösen. Zugleich hoffen die Verantwortlichen auf Pragmatismus, auf Entgegenkommen der Lübbener Behörde, da das Terminal kein perfekter Bau werden kann, wie es heißt. In einem Brief an Mitarbeiter, Firmen und BER-Beteiligte hatte Marks dies im August 2015 so formuliert: „In Summe möchte ich somit auch noch mal betonen, dass wir dieses Gebäude bezogen auf eine Schulnote nicht mit einer EINS abschließen werden.“ Es gehe darum, „ein ,Versetzungszeugnis‘ zu erhalten!“, mahnte Marks. „Von Baustelle zum Betrieb!“ Das bedingt aber gleichzeitig und von allen Seiten ein „gewisses Entgegenkommen“, eine „positive Kreativität“ und den Willen, „dass wir das hinbekommen, ohne gegen die Schulordnung, sprich gegen die Bauvorschriften und das Brandschutzkonzept, zu verstoßen“.

Thorsten Metzner

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