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Brandenburg: Berlin bekommt Heim für kriminelle Kinder Senat schafft sechs Plätze für Täter unter 14 Jahren

Familiengericht soll auch am Wochenende arbeiten

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Berlin - Spätestens im Sommer des kommenden Jahres bekommt Berlin ein spezielles Heim für kriminelle Kinder. Der genaue Standort steht noch nicht fest, drei werden in der Bundeshauptstadt geprüft. Träger des Heimes mit sechs Plätzen werden zwei freie Träger. Dies kündigte der für Jugendsachen zuständige Berliner Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) am Mittwoch an. Insgesamt wollen Senat, Polizei und Justiz das Vorgehen gegen kriminelle Kinder deutlich verschärfen. Dazu gehört, dass aufgegriffene Täter unter 14 Jahren künftig so lange bei der Polizei festgehalten werden, bis über den Kindernotdienst und das Familiengericht geklärt ist, ob das Kind ins Heim muss, weil es eine Gefahr für sich oder andere ist. Zöllner sprach von „massiv straffälligen und gefährdeten Kindern“. Die Einrichtung, dass verdeutlichte der Senator, werde aber kein geschlossenes Heim mit Gittern werden; vielmehr werde es eine intensive Betreuung geben, wie es sie derzeit schon im brandenburgischen Frostenwalde gibt. Ein Einsperren sei bei Kindern rechtlich nicht möglich, betonte Zöllner.

Bislang hat die Polizei festgenommene Kinder nach der Personalienfeststellung sofort beim Notdienst abgegeben – von wo die Jungen in der Regel sofort wieder abhauen. Ab 2011 sichert die Justiz zu, dass auch am Wochenende ein Familienrichter Bereitschaft hat, um eine Unterbringung anzuordnen. In der Vergangenheit war mehrfach kein Richter zu erreichen gewesen für derartige Entscheidungen. Auch die medizinische Altersbestimmung soll beschleunigt und professionalisiert werden. Nach Zöllners Angaben sichert die Rechtsmedizin der Charité künftig eine rasche Untersuchung zu, für Mädchen soll zudem eine Ärztin bereit stehen. Die Aufträge sollen künftig per Mail oder Fax an die Charité gehen, nicht mehr zeitraubend über den Postweg. Kinder, die untersucht werden sollen, werden im Heim untergebracht, von wo sie dann zur Charité gefahren werden. Bislang wurden auch die Kinder brieflich zur Untersuchung „eingeladen“, die Resonanz war entsprechend gering.

Damals hatte das Landeskriminalamt Berlin eine Liste mit acht Namen bei der Justiz abgegeben, von denen sich die Ermittler sicher waren, dass die angeblichen Kinder deutlich älter und damit strafmündig sind. Wie berichtet, hatte die Charité im Frühjahr nach der Abwanderung des einzigen befähigten Rechtsmediziners jedoch diese Untersuchungen quasi eingestellt. Dem Vernehmen nach musste der Leiter der Rechtsmedizin, Michael Tsokos, in den letzten Wochen massiv gedrängt werden, diese Untersuchungen künftig zu gewährleisten. In mehreren Fällen war die Polizei ausgewichen zu einem Brandenburger Rechtsmediziner, der bereit stand, wenn man ihn brauchte.

Wie berichtet, hatten im Sommer mehrere angeblich minderjährige arabische Drogendealer die Berliner Polizei über Wochen genarrt. Jeden Tag wurden sie beim Drogenhandel erwischt und zum Notdienst gebracht. Am nächsten Tag verkauften sie wieder Heroin im U-Bahnhof. Daraufhin hatte Berlins Regierender Bürgermeister, Klaus Wowereit (SPD), das Machtwort für ein geschlossenes Heim gesprochen – bislang hatte seine Partei dies verhindert. Zuvor hatte sich bereits Polizeipräsident Dieter Glietsch ungewöhnlich deutlich dafür ausgesprochen. In dem Heim sollen die Zöglinge aus „den kriminellen Strukturen“ ihrer Familien herausgelöst und „in einen altersgemäßen Tagesablauf integriert“ werden – einschließlich Schulbesuch. Die CDU betonte gestern, dass sie seit Jahren geschlossene Heime gefordert hatte.

Ursprünglich hatte Zöllner Anfang September angekündigt, dass das Heim bis Ende des Jahres fertig sein sollte. Dies verschiebt sich nun um ein halbes Jahr, bis dahin können vier Plätze in einem geschlossenen Heim in Brandenburg genutzt werden. Seit September waren von diesen vier Plätze im Durchschnitt nur zwei belegt. Jörn Hasselmann

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