Brandenburg: Berlin findet sich mit Funkhaus-Deal ab
In Sachsen-Anhalt soll das verpasste Millionengeschäft den Rechnungshof beschäftigen
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Berlin - Empörung über die Unfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und Hoffnung auf die Seriosität des neuen Erwerbers – das sind die Reaktionen, nachdem ein Berliner Schönheitschirurg einen Teil des früheren DDR-Rundfunkgeländes in Köpenick für 4,75 Millionen Euro ersteigert hat. Das ist das 14-fache dessen, was die öffentliche Hand unter Regie der landeseigenen Immobiliengesellschaft von Sachsen-Anhalt („Limsa“) jüngst beim Verkauf des gesamten Areals erzielt hat.
Nach Ansicht des Auktionators Mark Karhausen hätte die Limsa dasselbe Geschäft machen können, das sie nun einem privaten Wiederveräußerer, nämlich einer Baumaschinenvermietung aus Jessen in Sachsen-Anhalt, überlassen hat: Diese hatte das Areal an der Spree dreigeteilt, weil die einzelnen Stücke für verschiedene Klientel interessant seien. Am gestrigen Nachmittag wollte der Auktionator sich mit dem Erwerber treffen. Er wolle „mit Argusaugen darüber wachen“, dass der Käufer ein solides Konzept für die Weiternutzung des Areals als Medienstandort vorlege. „Als Auktionator habe ich volle Verfügungsgewalt über den Zuschlag und kann ihn auch zurücknehmen“, so Karhausen. Der Käufer will sich demnächst zu seinen Plänen äußern.
Nach Ansicht der Berliner FDP muss der Senat aus dem entgangenen Millionengeschäft die Konsequenz ziehen, landeseigene Immobilien künftig möglichst versteigern zu lassen, statt sie wie bisher auszuschreiben.
Das Areal gehörte den neuen Bundesländern bis zum Verkauf im November gemeinsam; Berlin besaß etwa acht Prozent. In Sachsen-Anhalt, dem wegen seines knapp 19-prozentigen Anteils ein noch größerer finanzieller Schaden entstanden ist, will die PDS / Linkspartei jetzt „den Landesrechnungshof in die Spur schicken“, wie die Finanzexpertin Angelika Klein sagte. Beim Berliner Landesrechnungshof hieß es dagegen, man könne wegen des geringen Berliner Anteils nicht aktiv werden. Ähnlich argumentiert die Berliner Verwaltung, die sich als Minderheitsgesellschafter nicht handlungsfähig sieht. Die Ansicht des CDU-Juristen Michael Braun, wonach der ursprüngliche Verkauf angesichts des jetzt erzielten Millionengewinns als sittenwidrig angefochten werden könne, stößt bei der Finanzverwaltung auf Skepsis. Sprecher Matthias Kolbeck erklärte, nach einer ersten Prüfung sei diese Möglichkeit eher zum Schutz von fachlich weniger versierten Privatleuten vorgesehen. Im Übrigen würden die anderen neuen Bundesländer als Gesellschafter von Berlin ihren Anteil des Erlöses einfordern und der Stadt die Zahlung der monatlich sechsstelligen Betriebskosten aufbürden.
Der wegen anderer Verfehlungen inzwischen versetzte Limsa-Geschäftsführer Hans-Erich Gerst war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.Stefan Jacobs
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